Hauptversammlung verantwortlich für Gehälter

Gesetzgeber vertraut seit 2009 auf die disziplinierende Wirkung von Aktionärsbeschlüssen

Hauptversammlung verantwortlich für Gehälter

wf Berlin – Mit dem Gesetz zur “Angemessenheit von Vorstandsvergütungen” hatte die große Koalition aus CDU/CSU und SPD im Jahr 2009 Lehren aus der Finanzkrise gezogen. Diese Aktienrechtsnovelle reformierte branchenübergreifend die Vergütungspraktiken mit dem Ziel, Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung setzen.Das Gesetz stärkte dazu die Befugnisse des Aufsichtsrats bei der Festlegung der Vorstandsbezüge, erleichterte die nachträgliche Herabsetzung von Bezügen und verschärfte die Haftung der Aufsichtsratsmitglieder, die unangemessene Bezüge gebilligt haben. Entscheidungen über Bezüge können seitdem nicht mehr an einen Aufsichtsratsausschuss delegiert werden. Teil der Regelung wurde zudem die Vorgabe, dass Aktienoptionen frühestens nach vier statt wie früher nach zwei Jahren eingelöst werden dürfen. Verbessert wurde auch die Transparenz gegenüber Aktionären und der Öffentlichkeit. Neu kam hinzu, dass die Hauptversammlung ein – wenn auch unverbindliches – Votum zum Vergütungssystem abgeben muss. Der Aufsichtsrat muss dazu die Vergütungsstrukturen der Hauptversammlung zur Abstimmung vorlegen. In Dax-Unternehmen ist dies inzwischen gängige Praxis. Bislang haben die Aktionäre den jeweiligen Vergütungsstrukturen zugestimmt.Der Gesetzgeber hatte auf die disziplinierende Wirkung vertraut, die dieses Transparenzsystem bietet. Die jüngsten Gehaltsverzichte werten Experten als Folge dieser Sensibilisierung aller Beteiligten durch die Transparenz. Dass der Beschluss der Hauptversammlung “weder Rechte noch Pflichten begründet” und nur auf die disziplinierende Wirkung im Fall einer Missbilligung durch Aktionäre setzt, war vom Gesetzgeber wohlüberlegt. Denn damit wird der Aufsichtsrat durch einen “wohlmeinenden” Hauptversammlungsbeschluss nicht von der Pflicht entbunden, für angemessene Vergütung zu sorgen – und auch nicht aus der Haftung wegen unangemessener Vergütungsfestsetzung entlassen. Kodex noch schärferAuch im Corporate Governance Kodex ist die Vergütungsfrage geregelt. Die Bezahlung des Managements soll sich an der Vergleichsumfeld orientieren und der Vergütungsstruktur, die sonst in der Gesellschaft gilt. Abfindungen sollen dem Kodex zufolge auf zwei Jahresvergütungen beschränkt sein. In ihren jüngsten Bestrebungen zieht die Kodexkommission auch eine Deckelung der Vergütung in Betracht. Die Festlegung einer Grenze soll aber in der Hand des Aufsichtsrates bleiben.Für den Finanzsektor gelten bei der Vergütung über die allgemeinen Vorgaben für börsennotierte Aktiengesellschaften hinaus schon Regelungen. Ende Juli 2011 war das “Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen” in Kraft getreten. Neben einer Reihe von konkreten Anforderungen an das Vergütungssystem erhielt die Finanzaufsicht das Recht, bei drohender Unterschreitung der Eigenmittel oder Liquiditätsanforderungen, die Ausschüttung von Boni ganz oder teilweise zu unterbinden.