Hausaufgaben für Währungshüter
Private Anbieter und Chinas Zentralbank sind in Sachen Digitalwährungen vorgeprescht. Allmählich kommen auch in Europa Arbeiten an digitalem Zentralbankgeld voran: Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat eine Machbarkeitsstudie mit der Schweizer Nationalbank abgeschlossen, rec Frankfurt – Die Zentralbank der Zentralbanken BIZ hat eine erste Testphase zur Entwicklung digitalen Zentralbankgeldes zusammen mit der Schweizer Nationalbank (SNB) erfolgreich abgeschlossen. Ex-EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré, Leiter der neu geschaffenen Innovationseinheit bei der BIZ, und SNB-Direktorin Andréa Maechler sprachen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Basel von vielversprechenden Erkenntnissen. Zugleich betonten beide, dass damit keine Vorentscheidung über die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung getroffen sei. Zunächst seien weitere offene und teils neu hinzugekommene Fragen zu klären.Die Spitzenvertreter von BIZ und SNB äußern sich damit zurückhaltender als die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde. Die Französin hat sich für die Einführung eines digitalen Euro starkgemacht. Entsprechende Vorarbeiten laufen, eine Entscheidung des EZB-Rats ist aber nicht vor Mitte nächsten Jahres zu erwarten. Deutlich weiter ist die chinesische Zentralbank. Pekings Währungshüter haben bereits voriges Jahr Pilotprojekte lanciert. Offiziellen Angaben zufolge sind sie nun dabei, Experimente auf der Basis von digitalem Zentralbankgeld auszuweiten. In China laufen Praxistests anDas verdeutlichte der Statthalter der chinesischen Zentralbank in Frankfurt, Dingxin Gao, am Mittwoch. Die Technologiehochburg Shenzhen hat den Anfang gemacht. Dieser Tage liefen Tests in drei weiteren Großstädten an, sagte Gao bei einem virtuellen Runden Tisch der Frankfurt School of Finance. Sie ermöglichen es Zehntausenden Chinesen, in bestimmtem Läden per digitalen Renminbi zu bezahlen. Als Partner hat Peking neben den bereits sehr populären Zahlungsanbietern Alipay und Wechat fünf Großbanken und die drei größten Telekommunikationsanbieter des Landes auserkoren. Das Prinzip: Die Notenbank stellt den Instituten digitales Zentralbankgeld zur Verfügung, das diese über ihre jeweilige Plattform an ihre Kunden weiterreichen. Die technische Umsetzung bleibe den Anbietern überlassen. “In naher Zukunft” werde es somit neun unterschiedliche Formen elektronischer Geldbörsen geben, sagte Gao. “Wir beschränken uns nicht auf eine Technologie.”Die bei der BIZ angesiedelten Arbeiten sind in einem deutlich früheren Stadium, und sie haben auch eine andere Stoßrichtung. Man habe “keine Absicht”, eine Digitalwährung für das Privatkundengeschäft zu entwickeln, sagte Coeuré. Das bedeute freilich nicht, dass man Entwicklungen auf diesem Gebiet nicht genau verfolge. So schüren zunehmend verbreitete private Kryptowährungen wie Bitcoin und Diem (vormals Libra) Sorgen, dass die Währungssouveränität der Notenbanken schwindet.Die Experimente im Rahmen des 2019 gegründeten “BIZ Innovation Hub” fokussieren sich auf den Interbankenmarkt bzw. die Zahlungsabwicklung zwischen Geschäfts- und Notenbanken. Die Währungshüter hätten dabei verschiedene Optionen: Sie könnten digitales Zentralbankgeld mit bestehenden Zahlungssystemen verbinden oder neue aufsetzen. Vorher sollten sie aber unbedingt “alle politischen und technologischen Möglichkeiten prüfen”, mahnte Coeuré. SNB-Direktorin Maechler sekundierte, es seien etliche technische, rechtliche und regulatorische Fragen zu klären. Der gestern vorgestellte Zwischenbericht sei lediglich eine erste Machbarkeitsstudie. “Die SNB ist weder bereit noch entschlossen, ein digitales Zentralbankgeld auszugeben”.Im nächsten Schritt weitet die BIZ ihre Kooperation um mehrere Standorte aus. Für das Eurosystem bauen gerade Bundesbank und Banque de France zusammen ein Innovationszentrum mit den Standorten Frankfurt und Paris auf. Philipp Sandner, Experte für Digitalwährungen an der Frankfurt School, drängte am Mittwoch zur Eile: “China führt das Rennen an”, konstatierte Sandner. “Was die EZB tut, ist nicht genug.”