High Noon nach der Prime Time

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 2.2.2017 Neil Gorsuch ist die Wahl von US-Präsident Donald Trump für den seit bald einem Jahr verwaisten Platz im Obersten Gerichtshof. Am Dienstagabend zur besten Sendezeit präsentierte Trump den...

High Noon nach der Prime Time

Von Stefan Paravicini, New YorkNeil Gorsuch ist die Wahl von US-Präsident Donald Trump für den seit bald einem Jahr verwaisten Platz im Obersten Gerichtshof. Am Dienstagabend zur besten Sendezeit präsentierte Trump den 49-jährigen Bundesrichter, der seit 2006 am Berufungsgericht in Denver Colorado tätig ist, als Nachfolger für Antonin Scalia, der im vergangenen Februar verstarb. Nach der Prime Time muss sich Gorsuch jetzt auf ein High Noon vor dem Senat einstellen, der den Kandidaten für den Supreme Court mit einer qualifizierten Mehrheit von 60 Stimmen bestätigen muss.Die Republikaner verfügen derzeit allerdings nur über eine hauchdünne Mehrheit von 52 zu 48 Sitzen in der ersten Kammer des US-Kongresses. Die nach der Präsidentschaftswahl angeschlagenen Demokraten wiederum sind immer noch wütend, weil die Republikaner mit ihrer Senatsmehrheit im vergangenen Jahr ein Hearing für den noch von Barack Obama vorgeschlagenen Nachfolger für Scalia, Merrick Garland, verhindert hatten und die Präsidentschaftswahl somit auch zu einer Abstimmung über den Supreme Court machten. Der Sitz, den Gorsuch jetzt besetzen soll, sei “gestohlen”, skandiert die Parteibasis. Mehr noch: Viele politische Kommentatoren in Washington sind überzeugt, dass der Oberste Gerichtshof im November wahlentscheidend war, da auch konservative Wählergruppen für Trump stimmten, die nur wenig mit dem Kandidaten der Republikanischen Partei anfangen konnten, die seit 1969 bestehende konservative Mehrheit im neunköpfigen Supreme Court aber absichern wollten.Wenn die Republikaner jetzt an den politischen Gegner appellieren, Gorsuch rasch als Obersten Richter zu bestätigen, weil das Funktionieren des Supreme Court in Frage gestellt wäre, wenn der Platz länger vakant bliebe, muss für Sympathisanten der Demokratischen Partei deshalb wie blanker Hohn klingen. Ein Showdown im Senat wird an der Parteibasis schon deshalb herbeigesehnt, um die Gemüter kühlen zu können. Nach dem Motto: Was ihr mit unserem Kandidaten gemacht habt, machen wir jetzt mit eurem. Eine “nukleare Option”Die Lage für den Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, ist freilich vertrackt. Er kann die Anhörung von Gorsuch nicht verhindern und sieht sich außerdem schon mit der Drohung der Republikaner konfrontiert, die sogenannte “nukleare Option” zu ziehen. Denn der Mehrheitsführer Mitch McConnell kann mit seiner Fraktion die Regeln ändern und die Bestätigung des Richters mit einfacher Mehrheit beschließen. Die Demokraten können in dieser Konstellation ein bisschen Krawall machen, die Berufung von Gorsuch in den Supreme Court aber nicht verhindern.Trump, der die Nominierung seines Kandidaten im TV perfekt inszeniert hatte, hat McConnell bereits aufgefordert, bei Bedarf die “nukleare Option” zu nutzen. Hätten die Republikaner die Regeln für Berufungen in das Oberste Gericht aber erst einmal geändert, könnten sie noch öfter davon profitieren. Richterin Ruth Bader Ginsburg wird im März 84 Jahre alt, Stephen Breyer ist 78 und auch der 80-jährige Anthony Kennedy könnte unter Trump von dem auf Lebenszeit vergebenen Amt zurücktreten. Während Ginsburg und Bader dem liberalen Lager zugerechnet werden, ist Kennedy die konservative “Swing Vote”, die zuletzt immer wieder mit den liberalen Richtern gestimmt hat.Mit dem 49-jährigen Gorsuch ziehen die stramm konservativen Richter im Supreme Court wieder auf vier zu vier gleich. Über seine Eignung besteht kein Zweifel. Er gilt als brillanter juristischer Kopf und sorgte mit einem sympathisch bescheidenen Auftritt am Dienstag zwischen all den schrillen Tönen in Washington für willkommene Abwechslung. ——–Donald Trump nominiert einen konservativen Richter für den Supreme Court.——-