Höchster EZB-Verlust aller Zeiten
Höchster EZB-Verlust aller Zeiten
Fast 8 Mrd. Euro – Gestiegene Leitzinsen führen zu tiefroten Zahlen bei der Notenbank
mpi Frankfurt
Die EZB verkündet für das Geschäftsjahr 2024 einen Verlust von fast 8 Mrd. Euro. Schuld daran sind die gestiegenen Leitzinsen ab 2022. Noch höher dürften die Verluste der Bundesbank sein, die diese kommende Woche verkündet. Die Arbeit der Notenbanken ist durch die tiefroten Zahlen jedoch nicht beeinträchtigt.
Der Kampf gegen die zu hohe Inflation belastet die EZB-Bilanz nachhaltig. Im abgelaufenen Geschäftsjahr ist bei der Notenbank ein Verlust von 7,944 Mrd. Euro angefallen. Wie die EZB am Donnerstag mitteilte, wird deshalb ein Verlustvortrag in der Bilanz gebildet. Dieser wird in der Zukunft mit Gewinnen verrechnet, sobald diese wieder anfallen. Das könnte jedoch noch ein wenig dauern, wie auch die Zentralbank selbst einräumt. „Bei der EZB könnten in den kommenden Jahren weitere Verluste anfallen“, schreibt sie in einer Stellungnahme. „Sollte dies der Fall sein, werden diese Verluste voraussichtlich geringer ausfallen als in den Jahren 2023 und 2024“, heißt es weiter.
Für 2023 hatte die EZB den ersten Verlust seit fast zwanzig Jahren verkünden müssen. Operativ fiel er mit 7,886 Mrd. Euro fast genauso hoch aus wie im abgelaufenen Geschäftsjahr. Allerdings konnte die Notenbank damals Rückstellungen auflösen, sodass der bilanzielle Verlust nur 1,266 Mrd. Euro betrug. Dieses Vorgehen war nun nicht mehr möglich.
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Wären bilanzielle Gewinne angefallen, hätten diese an die nationalen Notenbanken des Eurosystems fließen können. Diese wiederum schütten eigene Gewinne an die Finanzministerien aus. Die Bundesbank wird ihren eigenen Geschäftsbericht am kommenden Dienstag vorstellen. Doch bereits jetzt ist klar, dass auch hier Verluste in Milliardenhöhe entstanden sind, sodass es keine Ausschüttung geben wird.
Eigenkapital steigt dennoch
Diese hätte zwar der künftige Bundesfinanzminister gut gebrauchen können, für Notenbanken ist ein Verlust jedoch weit weniger relevant als für eine Geschäftsbank. Zum einen sind Zentralbanken nicht auf Gewinne ausgerichtet. Fallen diese an, was in der Vergangenheit in der Regel der Fall war, sind sie eher ein freudiges Nebenprodukt ihrer eigentlichen Tätigkeiten: die Preis- und Finanzstabilität zu gewährleisten. Zum anderen kann eine Notenbank in ihrer eigenen Währung nicht zahlungsunfähig werden. Schließlich kann die EZB Euro erzeugen und so sicherstellen, dass sie all ihren Verbindlichkeiten nachkommen kann.
Selbst bei einem negativen Eigenkapital kann eine Notenbank ihren Betrieb deshalb aufrechterhalten. Davon ist die EZB zudem weit entfernt. Trotz der operativen Verluste legte das Eigenkapital 2024 um 12,1% auf 50 Mrd. Euro zu. Ein wesentlicher Treiber dieser Entwicklung war der stark gestiegene Goldpreis, der zu Buchgewinnen bei den Goldreserven führte.
Zinswende belastet
Die EZB schreibt operativ deshalb aktuell tiefrote Zahlen, weil sich auf ihrer Aktivseite viele Anleihen mit langen Laufzeiten befinden, die noch aus der Niedrigzinsphase stammen. Diese endete 2022, als die EZB wegen der stark anziehenden Inflation in einem in ihrer Historie beispiellosen Zinszyklus die Leitzinsen innerhalb relativ kurzer Zeit um insgesamt 450 Basispunkte anhob. Deshalb befinden sich auf der Passivseite der EZB-Bilanz Einlagen, für die deutlich höhere Zinsen anfallen, als die EZB für die Anleihen auf der Aktivseite erhält.
Da die Leitzinsen in den vergangenen Monaten gefallen sind und im Laufe des Jahres auch noch weiter sinken werden, wird dieser Effekt mit der Zeit immer kleiner. Deshalb kommt die EZB auch zu dem Schluss, dass etwaige zukünftige Verluste geringer ausfallen dürften und sie kurz- bis mittelfristig auch wieder operative Gewinne vermelden kann.
Bilanz wird kleiner
Wie aus dem EZB-Jahresbericht ebenfalls hervorgeht, ist die Bilanzsumme 2024 geschrumpft. Gegenüber dem Vorjahr verringerte sie sich um 33 auf 641 Mrd. Euro. Hauptverantwortlich dafür ist das Auslaufen des Anleiheprogramms APP. Die geringere Bilanzsumme hat auch Auswirkungen auf die Geldpolitik der Notenbank. Diese müssten die Notenbanker bei den künftigen Zinsentscheiden berücksichtigen, sagte EZB-Direktor Piero Cipollone diese Woche. Womöglich werden die Leitzinsen deshalb stärker fallen.