Hollande will Industrie stärken

Staat könnte 3,7 Mrd. Euro investieren - Konkrete Projekte für Schlüsselbereiche

Hollande will Industrie stärken

wü Paris – Frankreichs Präsident François Hollande hat am Donnerstag seine Strategie vorgestellt, mit deren Hilfe er den Industriestandort innerhalb der nächsten zehn Jahre wiederbeleben will. “Die dritte industrielle Revolution wird auch in Frankreich stattfinden”, erklärte Hollande. “Wir werden die Erfindungen der Zukunft, die Fabriken der Zukunft, die Produkte der Zukunft erschaffen.” Frankreich sei immerhin ein Land der Erfinder, Pioniere und Produzenten, erinnerte er an die glorreiche Vergangenheit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone.Doch davon ist außer der Luftfahrt- und der Luxusgüter-Industrie kaum etwas übrig geblieben. So ist der Anteil der Industrie an der Wertschöpfung von 18 % im Jahr 2000 auf zuletzt 12,5 % gesunken. Gleichzeitig wurden nach Angaben Hollandes innerhalb der vergangenen zehn Jahre 750 000 Arbeitsplätze in der Industrie vernichtet, während das Außenhandelsdefizit im Vorjahr auf mehr als 60 Mrd. Euro anstieg.Neben der Wirtschaftskrise sei daran auch die Strategie seiner konservativen Vorgänger schuld, die dem Dienstleistungssektor einen höheren Stellenwert als der Industrie beigemessen hätten, deutete Hollande an. Ziel seiner Industriepolitik sei nun, den Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt (BIP) wieder zu steigern und dort neue Arbeitsplätze zu schaffen. 34 “Kampfpläne” erarbeitetDabei helfen sollen die 34 “Kampfpläne”, die Reindustrialisierungsminister Arnaud Montebourg anhand der Vorschläge französischer Unternehmen erarbeitet hat. Dabei handelt es sich um konkrete Projekte für Schlüsselbereiche der Industrie wie Umwelt, Gesundheitswesen, neue Technologien und Transport. Dazu gehören beispielsweise der Hochgeschwindigkeitszug der Zukunft, Flugzeuge und Satelliten mit Elektroantrieb, der fahrerlose Pkw und das Zwei-Liter-Auto, intelligente Textilfasern, Roboter, Cybersicherheit und die Nanotechnologie.Die Projekte, die von der Privatwirtschaft und mit Hilfe bestehender Förderprogramme finanziert werden sollen, sind das Ergebnis einer Analyse, die Montebourg unterstützt von der Beratungsgesellschaft McKinsey durchgeführt hat. Insgesamt könnte der Staat 3,7 Mrd. Euro für die Pläne aufwenden. Sie sollen laut der erstellten Analyse helfen, 475 000 Arbeitsplätze zu sichern oder neu zu schaffen, die Exporte in den kommenden zehn Jahren um 17,9 Mrd. Euro zu steigern und 45,5 Mrd. Euro zur Wertschöpfung beizutragen. Experten sind skeptischHollande versichert, dass die präsentierten Pläne keine Wiederauflage der staatlichen Industrieprojekte der sechziger und siebziger Jahre seien. Die beteiligten Firmen sollen dafür zwar mit staatlichen Behörden und Einrichtungen zusammenarbeiten, doch vor allem die Industrie soll die Leitung der 34 Projekte übernehmen. Konzernchefs wie Antoine Frérot von Veolia Environnement begrüßten die Initiative. “Wir hätten ohne den Staat arbeiten können, aber mit seiner Hilfe werden wir schneller vorankommen und mehr schaffen.” Dennoch bleiben einige Experten skeptisch. Dieser Kult des Staates in der Rolle des Strategen könne zu Misswirtschaft führen, warnt Wirtschaftsprofessor David Thesmar von der Ecole d’Économie in Toulouse. Die Gefahr sei groß, dass nun neue Subventionssysteme geschaffen würden, ohne dass dabei die erhofften Ergebnisse wie ein französisches Google herauskämen.