Standort Deutschland

IG Metall fordert europäische Local-Content-Strategie

Die deutsche Politik hat nur noch „einen Schuss“, um den Standort Deutschland zu retten, warnt die Gewerkschaft und fordert von den Parteien bessere und weitgehendere Konzepte als in den Wahlprogrammen niedergelegt.

IG Metall fordert europäische Local-Content-Strategie

IG Metall fordert Local-Content-Strategie

Gewerkschaft sorgt sich um den Standort, den Verlust an Technologie, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen

Wer Europa als Absatzmarkt betrachtet, soll einen Teil der Wertschöpfung auch vor Ort produzieren, wie in China und den USA üblich, verlangt die IG Metall. Zudem müsse der Standort Deutschland durch massive Investitionen, Steuersenkungen und Fördermaßnahmen wieder attraktiv werden.

lz Frankfurt

Die IG Metall hat die Wahlkämpfer aufgefordert, mehr für die Verbesserung des Standorts zu tun als in den Wahlprogrammen bisher versprochen. „Die Lage ist ziemlich ernst“, sagte die Erste Vorsitzende Christiane Benner auf der Jahrespressekonferenz der Gewerkschaft. Zehntausende von Jobs stünden auf dem Spiel. Alle müssten ihren Beitrag leisten, um Wertschöpfung im Land zu halten und gleichzeitig neue Industrien anzusiedeln, mahnte sie. Denn sei einmal Wertschöpfung verlorengegangen, so sei das unwiederbringlich. Benner: „Was einmal weg ist, ist weg.“

Die IG Metall fordert daher eine Job-Offensive von Unternehmen und Politik gegen die laufende Deindustrialisierung. Ein Element ist dabei die Etablierung einer europäischen Local-Content-Strategie, wie sie auch in den USA und China existiert. Wer Europa als Absatzmarkt betrachte, müsse „auch hier für Beschäftigung sorgen“, verlangt der Zweite Gewerkschaftsvorsitzende Jürgen Kerner. Allerdings räumt er ein, dass damit natürlich nicht klar sei, dass die Investitionen der Firmen dann auch in Deutschland erfolgten. Aus Sicht der Unternehmen würden womöglich günstigere Standorte innerhalb des europäischen Binnenmarkts gewählt.

Benner fordert daher die Berliner Politik auf, neben günstigeren Energiepreisen auch für eine grundlegende Verbesserung der Standortbedingungen zu sorgen. Bürokratie müsse abgebaut werden und Genehmigungen müssten schneller erfolgen. Notwendig sei zudem ein „massives Investitionsprogramm“ auf öffentlicher wie privater Seite. Für Letzteres müssten die Anreize stark verbessert werden.

„Plan für die Zukunft nötig“

Die nächste Bundesregierung, so Benner, sei verantwortlich dafür, ob der Umbau und die Modernisierung der Wirtschaft gelängen oder nicht: „Dieses Land braucht jetzt einen Plan für die Zukunft und nicht erst morgen. Die Menschen brauchen jetzt eine klare Perspektive und nicht irgendwann.“ Daher seien die ersten 100 Tage der neuen Regierung entscheidender als jemals zuvor, betont Benner. Die nötigen Weichenstellungen seien auch viel zu wichtig, um bei der Finanzierung noch an der Schuldenbremse zu scheitern. Letztendlich laufe es auf eine Reform der Schuldenbremse hinaus, oder man müsse ein neues Sondervermögen auflegen.

Den heimischen Unternehmen werfen die Gewerkschafter vor, „in alte Muster zu verfallen“. Es gehe ihnen mehr um kurzfristige Renditen und höhere Margen als um nachhaltige Strategien für die Produktion vor Ort. „Beim Umbau der Industrie sind wir Partner, bei Schließung von Werken sind wir entschiedene Gegner“, warnte Kerner mit Verweis auf diverse Schließungspläne von Unternehmen. Werke müssten „entwickelt“ und dürften nicht „abgewickelt“ werden.

In diesem Zusammenhang hält die IG Metall den Sozialstaat für entscheidend, damit sich die Arbeitnehmer in der Standortkrise nicht zu extremistischen Parteien hingezogen fühlen. Die Konzepte von CDU/CSU und FDP halten die Gewerkschafter diesbezüglich für wenig geeignet. Es handle sich dabei eher um Konzepte für den Sozialabbau. Das Scheitern des Rentenpakets von Arbeitsminister Hubertus Heil hält IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban für bedauernswert. Er warb für eine Erweiterung der Sozialversicherung auf weitere Personenkreise wie Beamte, Selbständige und Personen jenseits der Versicherungsgrenze. Auch müsse die Zweiklassenmedizin durch eine Bürgerversicherung ersetzt werden.

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