Corona

Impfen mit AstraZeneca wird erneut gestoppt

Nach insgesamt 31 Thrombosefällen nach einer Impfung mit AstraZeneca stoppen einige Länder den Einsatz des Vakzins bei Jüngeren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will erneut mit seinen Länderkollegen beraten.

Impfen mit AstraZeneca wird erneut gestoppt

sp Berlin

Nach weiteren Meldungen über Hirnvenenthrombosen vor allem bei jüngeren Frauen und einer neuen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) haben mehrere Bundesländer den Einsatz des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca bei Menschen unter 60 Jahren vorläufig wieder gestoppt. Neben Berlin und Brandenburg setzten auch die Stadt München und das Land Nordrhein-Westfalen die Verwendung des Vakzins für Jüngere aus. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums erklärte gegenüber Reuters, dass Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Beratungen mit seinen Länderkollegen noch am Dienstag einen Vorschlag für das weitere Vorgehen machen werde.

Mitte März hatte Spahn in Deutschland das Impfen mit AstraZeneca nach Berichten über Fälle von sehr seltenen Blutgerinnseln schon einmal vorübergehend gestoppt, bevor die europäische Arzneimittelbehörde EMA ihre positive Beurteilung des Vakzins bekräftigte. Das Bundesgesundheitsministerium hatte zum damaligen Zeitpunkt von acht Fällen seltener Thrombosen nach 1,6 Millionen Impfungen berichtet, während statistisch nur 1 bis 1,4 Sinusvenenthrombosen zu er­warten gewesen wären. Bis Dienstagmorgen wurden dem zuständigen Paul-Ehrlich-Institut (PEI) nach Angaben von Reuters bereits 31 Fälle einer Sinusvenenthrombose nach der Impfung gemeldet, in neun Fällen davon mit tödlichem Ausgang. In 19 Fällen habe zusätzlich ein Mangel an Blutplättchen vorgelegen. Mit Ausnahme von zwei Fällen seien Frauen im Alter von 20 bis 63 Jahren betroffen gewesen. Zu möglichen Konsequenzen äußerte sich das PEI gegenüber Reuters nicht und erklärte, man arbeite mit der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA zusammen. Die EMA plant nächste Woche eine aktualisierte Empfehlung.

Die Stiko rät in ihrer jüngsten Empfehlung, den Corona-Impfstoff von AstraZeneca in Deutschland vorläufig nur noch bei über 60-Jährigen einzusetzen, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Dienstag mitteilte. Zuvor hatte die „Augsburger Allgemeine“ aus dem Beschlussentwurf der Behörde berichtet. Ein Einsatz unterhalb dieser Altersgrenze bleibe nach „ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich“, heißt es im Beschluss. Nach der EU-Zulassung­ für AstraZeneca Ende Januar war der Impfstoff zunächst nur für Menschen unter 65 Jahren freigegeben, da zum damaligen Zeitpunkt nach Einschätzung der Stiko noch nicht genügend Daten zur Wirksamkeit bei älteren Menschen vorlagen. Anfang März hatte die Kommission das Mittel auch für über 65-Jährige empfohlen.

Wer will, muss sich trauen

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich angesichts der neuerlichen Turbulenzen um den Impfstoff dafür aus, die Impfreihenfolge für das Vakzin komplett aufzulösen. „Irgendwann wird man bei AstraZeneca speziell mit sehr viel Freiheit operieren müssen und sagen müssen: Wer will und wer es sich traut quasi, der soll auch die Möglichkeit haben“, sagte Söder in München.