Impfquote schlägt Inzidenz
(Börsen-Zeitung,
Wer sich nicht gegen Covid impfen lässt, wird ab dem 11. Oktober selbst für die Kosten von Corona-Schnelltests aufkommen müssen. Das haben die Spitzen von Bund und Ländern beschlossen. Die Entscheidung lässt sich auch in einem Wahljahr leicht vermitteln, schließlich wird Anfang Oktober jede Bürgerin und jeder Bürger das Angebot für eine Impfung gegen das Coronavirus erhalten haben. Wer es nicht nutzt, sollte nicht auf Kosten des Steuerzahlers mit Schnelltests versorgt werden, auch wenn die dann in vielen Situationen erforderlich sein werden, um am öffentlichen Leben in Innenräumen unter der „3G“-Regel als Geimpfter, Genesener oder eben Getesteter teilzunehmen.
In Zeiten einer globalen Pandemie, die im Bundeshaushalt bereits mit rund 500 Mrd. Euro neuer Schulden innerhalb von zwei Jahren ins Kontor schlägt und gestützt auf neue Virus-Mutationen in diesem Sommer schneller Fahrt aufnimmt als vor einem Jahr, sind die Kosten von ein paar Millionen Corona-Schnelltests im Herbst freilich keine entscheidende Größe. Was Mitte Oktober wirklich wichtig sein wird, auch für die Wachstumsaussichten von Unternehmen und die Zukunftserwartungen von Investoren, ist die bis dahin erreichte Impfquote in der Bevölkerung.
Das Bundeskanzleramt und die Staatskanzleien setzen darauf, dass das Ende für kostenlose Schnelltests Unentschlossene in den nächsten acht Wochen doch noch motiviert, den Gang ins Impfzentrum oder zum Hausarzt anzutreten. Zweifel sind angebracht. Das Robert Koch-Institut weist in seinem Impfquoten-Monitor darauf hin, dass „Personen, die sich zur Impfung gedrängt fühlen, eher ungeimpft sind“. Gut möglich, dass das Ende der Kostenlos-Tests im Ergebnis nicht zu mehr Geimpften, sondern nur zu weniger Getesteten führt.
Damit wäre auch der Wirtschaft nicht geholfen, weil so das Risiko steigt, dass das Infektionsgeschehen erneut außer Kontrolle gerät und im Herbst neue Einschränkungen im öffentlichen Leben erforderlich werden, die die wirtschaftliche Dynamik wieder bremsen würden. Um die Gefahr eines neuerlichen Lockdowns für die Unternehmen zu begrenzen, dringen die Verbände schon länger darauf, die Bedeutung der Sieben-Tage-Inzidenz für die Corona-Politik durch Hinzunahme weiterer Indikatoren einzuhegen. Am Dienstag konnten sich die Spitzen von Bund und Ländern darauf noch nicht verständigen. Schon jetzt gilt aber, dass die Inzidenz umso höher liegen darf, je höher die Impfquote ist.