Industrie fällt ins Auftragstief zurück
ba/ms Frankfurt – Die schlechten Nachrichten für die deutsche Industrie reißen nicht ab – im Mai hat das verarbeitende Gewerbe unerwartet weniger Neuaufträge eingesammelt als im Monat zuvor. Insbesondere die Auslandsnachfrage war schwach. Ökonomen hatten nach zwei Monaten leichter Zuwächse mit einem weiteren Anstieg der Orderzahlen gerechnet und zeigten sich dementsprechend enttäuscht. Die am Freitag veröffentlichten Daten sehen sie als Beleg ihrer Prognose, dass die Wirtschaft im zweiten Quartal schrumpft und auch die Wahrscheinlichkeit eines dynamischeren zweiten Halbjahres abnimmt – eine Rezession erwarten sie allerdings weiter nicht. Trübe AussichtenDem Statistischen Bundesamt (Destatis) zufolge sind die Neubestellungen im Mai kalender- und saisonbereinigt um 2,2 % geringer als im Vormonat ausgefallen. Prognostiziert war ein Plus von 0,3 %, nachdem im April revidiert 0,4 (zuvor: 0,3) % mehr Aufträge generiert worden waren. Laut Bundeswirtschaftsministerium lagen die Orderzahlen zuletzt etwa 7 % unter ihrem durchschnittlichen Monatswert im Jahr 2018. Da auch die gewichtige Kfz-Industrie im Mai sowohl im In- als auch im Ausland Auftragsrückgänge. (-1,6 % bzw. -5,0 %) verbuchte, bleibt das Ministerium skeptisch: “Es ist somit von einer weiterhin schwachen Industriekonjunktur in den kommenden Monaten auszugehen.”Bleiben die schwankungsanfälligen Großaufträge unberücksichtigt, ergibt sich ein Minus im Vergleich zum April von 3,0 %. Der Bestellrückgang im Jahresvergleich von 8,6 % war der kräftigste seit 2009.Die positiven Impulse kamen im Mai allein von der Inlandsnachfrage, die um 0,7 % zugelegt hat – dies war das erste Plus in diesem Jahr. Bei den Auslandsbestellungen verzeichnet Destatis ein Minus von 4,3 %, wobei aus den Ländern des Euroraums 1,7 % weniger Aufträge als im Vormonat kamen und aus den sonstigen Ländern 5,7 % weniger. “Die zaghafte Frühjahrserholung des Welthandels hat sich damit als sehr kurzlebig erwiesen”, kommentierte Katharina Utermöhl von der Allianz. Mit einem baldigen Befreiungsschlag für die deutsche Industrie sei angesichts anhaltender Handelsunsicherheit und erhöhter Lagerbestände in diesem Jahr kaum mehr zu rechnen.Für die am Montag anstehenden Produktionszahlen sind die schwachen Auftragseingänge und die im Monatsvergleich um 1,2 % gefallenen Industrieumsätze keine guten Vorboten: Experten erwarten für Mai einen Produktionsanstieg von 0,3 %, nachdem der Ausstoß im April um 1,9 % gefallen war. Ein weiteres Indiz für eine zurückgehende Produktion benennt BayernLB-Ökonom Stefan Kipar: So schrumpfen die Auftragsbestände seit Jahresbeginn und trotz kraftloser Produktion ist im April auch die Reichweite in Monaten zurückgegangen. Ohne baldige Erholung der Neubestellungen würden die Unternehmen kaum umhinkommen, die Produktion spürbar nach unten anzupassen. Lockerungserwartung steigtDie schwachen Konjunkturdaten schürten Erwartungen an eine weitere Lockerung der ohnehin schon sehr expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Commerzbank erwartet nun für die nächste Zinssitzung des EZB-Rats am 25. Juli sogar eine Absenkung des Einlagenzinses von aktuell -0,4 % auf -0,6 % – statt nur auf -0,5 %.