Industrieanteil an deutscher Wertschöpfung sinkt

Beitrag fällt 2019 auf 10-Jahres-Tief zurück

Industrieanteil an deutscher Wertschöpfung sinkt

Von Alexandra Baude, FrankfurtDie deutsche Industrie hat 2019 weiter an Bedeutung verloren – seit Jahren geht der Anteil an der Bruttowertschöpfung der Gesamtwirtschaft zurück. Der von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in seiner Industriestrategie 2030 anvisierte Wert von 25 % ist in weiter Ferne. Denn die Entwicklung der deutschen Wirtschaft ist zweigeteilt: Auf der einen Seite die Dienstleister, deren Geschäfte gut laufen, auf der anderen die stark exportorientierte Industrie, die in der Rezession steckt. Am aktuellen Rand gibt es immerhin einige Lichtblicke. SeitwärtsbewegungWie lange der Weg aber noch ist, zeigt sich an aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis), die der Börsen-Zeitung vorliegen. 2019 ist der Industrieanteil von 22,7 % im Jahr 2018 auf 21,6 % gefallen. Dies ist der niedrigste Wert seit der globalen Finanzkrise 2009 – damals waren es 19,7 %. Die Altmaierschen 25 % wurden zuletzt 1992 mit 25,7 % erreicht. Mit Ausnahme des Jahres 2009 pendelte der Indus-trieanteil seitdem im Bereich zwischen 21,9 und 23,5 %.”Die aktuellen Zahlen zum Indus-trieanteil zeigen, dass die Industriestrategie zum richtigen Zeitpunkt gekommen ist”, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums zu Reuters. “Denn wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland stärken.” Dazu zähle die Förderung von Schlüssel- und Zukunftstechnologien. Hier seien mit der Batteriezellfertigung bereits zwei gesamteuropäische Projekte ins Werk gesetzt worden. Zentral seien auch gute Rahmenbedingungen und Planbarkeit. “Dazu gehört, dass es nicht zu substanziell neuen Belastungen bei Steuern oder Sozialabgaben kommen darf”, betonte die Sprecherin. Altmaier setzt seine Industriestrategie auf drei Säulen, um die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. So sollen die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert, neue Technologien gestärkt und Schlüsseltechnologien besser vor feindlichen Übernahmen aus dem Ausland geschützt werden. Vor allem die zur ersten Säule zählenden Punkte Unternehmenssteuerreform, Bürokratieabbau und Infrastrukturausbau werden von Ökonomen und Wirtschaftsverbänden seit langem angemahnt. Für sein Gesamtkonzept hat Altmaier viel Kritik einstecken müssen. Von unterschiedlichen Seiten wird insbesondere vor einem zu starken Eingreifen des Staates in die Wirtschaft gewarntAngezweifelt wird auch die Sinnhaftigkeit der 25 %-Marke. Besser wäre anzustreben, dass die Arbeitsproduktivität in und außerhalb der Industrie bei hohem Beschäftigungsstand dauerhaft zunimmt, zitiert Reuters den Chef der Wirtschaftsweisen, Christoph Schmidt. Ebenso wie ein Destatis-Sprecher verweist er darauf, dass sich die Wertschöpfungsstrukturen automatisch verschieben, wenn ein Teil der Volkswirtschaft nachlässt. Die Politik solle daher für möglichst gute Rahmenbedingungen sorgen, forderte Schmidt. Orderbücher bleiben gefülltZwar keine Trendwende, aber eine Stabilisierung in der Industrie deuten jüngste Indikatoren an. Das Ifo-Geschäftsklima hat sich im Dezember erholt. Im November weitete die Industrie ihre Produktion deutlich aus, und der Rückgang der Auftragseingänge – vor allem wegen mangelnder Großaufträge – zeigt sich nicht in den Orderbüchern. Der reale Auftragsbestand verharrte laut Destatis saison- und kalenderbereinigt im November auf dem Vormonatsniveau. Und auch die Reichweite liegt unverändert bei 5,6 Monaten.