Industrieaufträge brechen überraschend stark ein

Rückgang um 3,9 Prozent - Großaufträge unterdurchschnittlich - Ökonomen bleiben optimistisch

Industrieaufträge brechen überraschend stark ein

ba Frankfurt – Die deutsche Industrie hat im Januar unerwartet wenig Aufträge eingesammelt. Außergewöhnlich umfangreiche Bestellungen im Vormonat sowie das unterdurchschnittliche Volumen an Großaufträgen haben die Order saison- und arbeitstäglich bereinigt um 3,9 % gegenüber Dezember sinken lassen, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Dies war der stärkste Rückgang seit August 2014. Ökonomen hatten zwar eine Korrektur erwartet, aber nur ein Minus von 1 % auf der Rechnung. Im Dezember hatten die Orders, gestützt durch umfangreiche Großaufträge, noch um aufwärtsrevidierte 4,4 (zuvor: 4,2) % zugelegt.Grund zur Sorge sehen Experten in den Daten trotz des starken Rückgangs nicht – sowohl die Auftragseingänge als auch die Industriekonjunktur insgesamt blieben in der Tendenz weiter aufwärtsgerichtet, heißt es etwa beim Ministerium. Das Minus habe nichts mit einer plötzlichen Verschlechterung der Rahmenbedingungen zu tun, sondern sei eine technische Verschnaufpause nach dem unüblich starken Wachstum in den vergangenen Monaten, schreibt Andreas Rees von der Unicredit. Der Aufwärtstrend, der im Herbst vergangenen Jahres begonnen hatte, sei weiter intakt. Dies sei am besten im weniger schwankungsanfälligen Zwei- und Dreimonatsvergleich zu sehen: In dieser Abgrenzung legten die Bestellungen um 1,3 % respektive 1,6 % weiter zu.Auch wenn vor dem Hintergrund der starken Dezemberzahlen eine Gegenbewegung erwartet worden war, habe das Ausmaß “nun aber doch” überrascht, sagt Mario Gruppe von der Nord/LB. Auf Jahressicht ergebe sich ein Auftragsminus von 0,1 %. Angesichts der positiven Bewegung bei den Stimmungsindikatoren, die sich “trotz gewisser Risikofaktoren auf hohem Niveau stabilisiert haben”, sollte der konjunkturelle Aufschwung hierzulande aber intakt bleiben, erwartet Gruppe. Zudem lege die anhaltend freundliche Entwicklung am Arbeitsmarkt nachhaltig positive Wachstumsimpulse von Seiten der Binnenkonjunktur nahe. Im Januar allerdings sind die Neuaufträge aus dem Inland um 2,5 % gesunken, während die Bestellungen aus dem Ausland um 4,8 % im Monatsvergleich zurückgegangen sind. Besonders stark eingebrochen sind die Orders aus dem gemeinsamen Währungsraum (-9,0 %).Ralph Solveen von der Commerzbank verweist darauf, dass die Neuaufträge auch ohne den immer sehr volatilen Sektor “sonstiger Fahrzeugbau” um 1,9 % zurückgegangen sind. Einen Einbruch der Industrie erwartet auch er nicht. Für die Industrieproduktion, die heute veröffentlicht werden soll, prognostiziert Solveen ein Plus von 1,0 %, was auch durch den kräftigen Anstieg der Umsätze um 1,2 % gestützt würde. Vor dem Hintergrund der niedrigen Ölpreise und des Sprungs bei der Kaufkraft der Haushalte scheinen die Produktionsaktivitäten gedämpft im Gegensatz zum Wachstum etwa der Einzelhandelsumsätze, schreibt Thomas Harjes von Barclays. Die Stabilisierung bei der Produktion von Maschinen und Anlagen könne eher freigesetzten Nachholbedarf und überfällige Ersatzinvestitionen für veraltete Anlagen reflektieren statt einer nachhaltigen Erholung wegen Kapazitätserweiterungen.Für das Wirtschaftswachstum sind die Volkswirte weiter optimistisch. Zu Wochenbeginn haben Allianz und Deutsche Bank ihre Prognosen für 2015 erhöht: Die Allianz erwartet nun ein Wirtschaftswachstum von + 2,1 %, die Deutsche Bank von + 2,0 % und sind damit deutlich zuversichtlicher als die Bundesregierung mit + 1,5 %.