Inflation in China schwächt sich ab

Ökonomen sehen neuerlichen geldpolitischen Handlungsbedarf - Lohnkostenentwicklung beunruhigt

Inflation in China schwächt sich ab

Im Vorfeld der Bekanntgabe von neuen Wachstumsdaten für China das zweite Quartal betreffend haben Analysten auf den Stimulierungsbedarf der Wirtschaft hingewiesen. Auch die jüngsten Inflationszahlen für Juni zeigten, dass die Zentralbank noch etwas zulegen muss. Spielraum für eine weitere Lockerung ist noch vorhanden.nh Schanghai – Chinas Verbraucherpreise sind nach Angaben des Nationalen Statistikbüros im Juni mit 1,9 nach 2 % etwas moderater gestiegen. Allerdings hatten Experten im Mittel nur mit einem Plus von 1,8 % gerechnet. Analysten führen das auf eine anhaltende Nachfrageschwäche im Reich der Mitte zurück.Auch eine Analyse der Commerzbank wertet die neuen Inflationsdaten als einen Beleg für eine stockende Konjunkturentwicklung, die bei der chinesischen Zentralbank neuen Handlungsbedarf auslösen könnte. Im weiteren Verlauf des Jahres sei deshalb nicht nur mit einer Reduzierung des Mindestreservesatzes für Geschäftsbanken, sondern auch mit einer Senkung der Leitzinsen zu rechnen, betont der China-Ökonom Zhou Hao. Lebensmittelpreise im ZaumFreilich gilt es aus Sicht der Regierung als eine positive Entwicklung, dass der starke Auftrieb bei den Schweinefleisch-, Gemüse- und Obstpreisen in den ersten Monaten des Jahres wieder nachlässt und damit die Masse der Verbraucher etwas entlastet wird. Zuletzt stiegen die Nahrungsmittelpreise noch um 4,6 % gegenüber Vorjahr, nach 5,9 % im Mai. Allerdings könnten die starken Unwetter der vergangenen Wochen in den kommenden Monaten zu einem erneuten Auftrieb in diesen Preiskategorien führen. Genügend SpielraumRein rechnerisch gesehen hat die Zentralbank noch einigen Handlungsspielraum. So wird das offizielle Ziel der Regierung für die Inflationsentwicklung – in diesem Jahr bei 3 % abgesteckt – noch immer sehr deutlich unterschritten, und es dürfte auch im weiteren Verlauf dieses Jahres kaum erreicht werden. Allerdings hatte sich die chinesische Regierung zuletzt darauf versteift, eher auf sogenannte angebotsorientierte Impulse zu setzen und mit Blick auf die Gefahren für die Finanzstabilität auf einen betont lockeren geldpolitischen Kurs zu verzichten.Nichtsdestotrotz häufen sich die Stimmen, die darauf hinweisen, dass Peking auch auf der monetären Seite einen gewissen Stimulierungsbedarf hat, um sicherzustellen, dass das Wachstumsziel der Regierung, das für 2016 eine Expansion des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Band zwischen 6,5 bis 7 % vorsieht, auch komfortabel erreicht werden kann. Im zurückliegenden Quartal war das chinesische BIP noch um 6,7 % gewachsen. Für den kommenden BIP-Ausweis im zweiten Quartal rechnen die Experten mit einem gleichbleibenden oder aber geringfügig auf 6,6 % reduzierten BIP-Wachstum.Als erfreulich gilt das weitere Zurückdrängen der Erzeugerpreisdeflation. Nun sind die Produzentenpreise im Juni nur noch um 2,6 % gegenüber Vorjahresmonat nach zuvor 2,8 % im Mai gefallen. Der entsprechende Index befindet sich bereits seit über vier Jahren in negativem Territorium, allerdings hat der Deflationstrend im laufenden Jahr sukzessive etwas nachgelassen. Rohstoffpreise helfenEine Linderung der Produzentenpreisdeflation würde in jedem Fall auf eine Entlastung für den chinesischen Industriesektor hinauslaufen und den Druck auf die Cash-flows im verarbeitenden Gewerbe reduzieren. Dabei helfen nicht zuletzt die wieder festeren Rohstoffpreise.Im Juni etwa sah man eine erneute Festigung beziehungsweise Stabilisierung der Preise wichtiger Industriemetalle wie Aluminium und Kupfer. Rohstoffanalysten rechnen mit einem Anhalten dieser Entwicklung, was dazu führen sollte, dass sich die hartnäckige Erzeugerpreisdeflation im weiteren Verlauf des Jahres weiter reduziert. Ein Erreichen der Nulllinie wird aber frühestens im Jahr 2017 zu erwarten sein. Arbeitskosten im FokusAls eine Belastung könnte sich die anhaltende Verteuerung der Arbeitskosten im Reich der Mitte erweisen. In der laufenden Dekade sind die chinesischen Löhne kräftiger gestiegen als das Bruttoinlandsprodukt. Die wesentliche Verbesserung des Lebensstandards geht mittlerweile allerdings auch mit einer zunehmenden Wettbewerbsbeeinträchtigung für chinesische Firmen einher, insbesondere im Vergleich mit einigen südostasiatischen Ländern, die vermehrt Direktinvestitionen von ausländischen Firmen anlocken.Wie der chinesische Vizearbeitsminister Xin Changxin zuletzt betonte, macht sich in der Regierung Sorge darüber breit, dass sich ein starker Auftrieb der Lohn- und Arbeitskosten als Beeinträchtigung für das Wirtschaftswachstum erweisen könnte. China müsse auf ein moderateres Lohnwachstum hinsteuern und in arbeitsintensiven Industriesektoren eine verbesserte Produktivität erreichen, um Massenentlassungen künftig zu verhindern, so Xin. Dabei betonte er, dass man in zahlreichen chinesischen Provinzen bereits dazu übergegangen sei, den Anstieg der Mindestlöhne auf etwa 11 % zu begrenzen, nachdem man in der ersten Jahreshälfte 2015 noch einen Anstieg von knapp 14 % verzeichnet hatte.