GELDPOLITIK AUF DEM PRÜFSTAND - DIE STRATEGIE

Inflationssteuerung steht zur Disposition

Börsen-Zeitung, 23.8.2018 ms Frankfurt - Im Jahr 1989 war es die Zentralbank in Neuseeland, die als erste die Strategie der Inflationssteuerung einführte - das sogenannte "Inflation Targeting". Heutzutage ist quasi jede Zentralbank ein "Inflation...

Inflationssteuerung steht zur Disposition

ms Frankfurt – Im Jahr 1989 war es die Zentralbank in Neuseeland, die als erste die Strategie der Inflationssteuerung einführte – das sogenannte “Inflation Targeting”. Heutzutage ist quasi jede Zentralbank ein “Inflation Targeter” – wenn nicht explizit, so doch in der Praxis. Im Kern geht es dabei darum, einen Zielwert für die Inflationsrate vorzugeben und damit die Zielrichtung der Geldpolitik öffentlich festzulegen. Wenn das Inflationsziel auf Sicht des gewählten Zeithorizonts nach oben oder unten verfehlt zu werden droht, reagiert die Zentralbank darauf. Preisniveausteuerung im BlickWenngleich das Konzept weit verbreitet ist und sich nach allgemeiner Einschätzung in den vergangenen Jahren durchaus bewährt hat, ist es keineswegs unumstritten. Kritiker wie Ex-EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing warnen vor einer zu einseitigen Sicht. Nötig sei eine Kombination aus wirtschaftlicher und monetärer Analyse, sagt Issing. Nicht zuletzt deshalb hatte die EZB sich eine Zwei-Säulen-Strategie gegeben.Inzwischen diskutieren aber vor allem in den USA Notenbanker darüber, von der Inflations- auf eine Preisniveausteuerung umzusteigen. Vereinfacht gesagt ist der Unterschied, dass bei der Inflationssteuerung stets aufs Neue das ausgegebene Ziel, meist 2 %, erreicht werden soll – unabhängig davon, was zuvor gewesen ist. Bei der Preisniveausteuerung dagegen müsste ein Über- oder ein Unterschießen des Ziels in den Folgejahren ausgeglichen werden.Tatsächlich gibt es in der Theorie Hinweise darauf, dass eine Preisniveausteuerung Vorteile bietet. Auch US-Notenbanker John Williams argumentiert, dass diese Strategie “sehr effektiv” bei der Stabilisierung von Inflation und Wachstum sein könnte. Zudem könnte sie in einem Umfeld mit einem niedrigen natürlichen Zins und nur begrenzten Möglichkeiten für Negativzinsen ein längeres Niedrigzinsniveau rechtfertigen.Allerdings gibt es auch Nachteile. So würde es womöglich schwerer, wenn nicht unmöglich, durch temporäre Preisschocks “hindurchzuschauen”. Zudem könnte die Öffentlichkeit bei höheren Inflationsraten Zweifel bekommen, ob es die Notenbank mit ihrem Ziel noch ernst meint. Vor allem aber hat die Preisniveausteuerung ein großes Manko: Es gibt kaum Erfahrungen in der Praxis.