Internationale Investoren flüchten aus Italien
bl Mailand – Internationale Investoren verlieren das Vertrauen in Italien. Nach Zahlen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Banca d’Italia haben ausländische Anleger im Mai und Juni insgesamt 72 Mrd. Euro aus dem Land abgezogen. Davon waren 58 Mrd. Euro Staatsanleihen, der Rest andere Titel wie Unternehmensanleihen.Italien ist mit 2,3 Bill. Euro verschuldet. Der Anteil von Schuldentiteln in ausländischer Hand ging von 33,4 auf 30,8 % zurück. Den Rest halten italienische Privathaushalte, Unternehmen und Banken. Letztere haben ihr Exposure in Titeln des Landes im genannten Zeitraum um 40 Mrd. Euro gesteigert. Das erhöht die Fragilität des Bankensektors, denn viele Institute haben auch einen hohen Anteil fauler Kredite im Bestand, im Durchschnitt 10 bis 11 % des Bruttokreditportfolios. Der Abzug der Gelder dürfte in Zusammenhang mit der ambivalenten Haltung der Regierung stehen, die einerseits teure Wahlversprechen wie die Flat Tax oder ein bedingungsloses Grundeinkommen machte, andererseits Schulden reduzieren will. Die beiden Ziele sind nicht miteinander vereinbar. Dies gilt umso mehr, als sich das Wachstum abschwächt und die Steuereinnahmen geringer ausfallen als erwartet. Die Ratingagentur Moody’s hat ihre Wachstumsprognosen für Italien für 2018 von 1,5 auf 1,2 % und für 2019 von 1,2 auf 1,1 % gesenkt. Außerdem erhöhen sich die Finanzierungskosten für den Staat und die Unternehmen, weil der Spread zwischen deutschen und italienischen Anleihen deutlich gestiegen ist.Es wäre dramatisch für Italien und die Banken, wenn die Ratingagenturen, die ihre Bewertungen spätestens nach Vorlage des Haushaltsentwurfs für 2019 im September überprüfen wollen, das Land zurückstuften. Dann gerieten nicht nur die Banken, die ebenfalls unter Beobachtung stehen, in Gefahr, sondern auch das Land. Der Zugang zu den Finanzmärkten würde erheblich erschwert. Investoren dürften keine italienischen Staatstitel mehr erwerben. Für Unsicherheiten sorgen auch wachsende Spannungen zwischen den Regierungspartnern Lega und Movimento 5 Stelle (M5S). Matteo Salvini, Chef der rechtsnationalen Lega und Innenminister, droht mit seinem Rücktritt, falls Flüchtlinge in dem vor Catania liegenden Schiff Diciotti an Land gelassen würden. Bei Neuwahlen könnte die Lega mit starken Zuwächsen rechnen.