Investoren befürchten Konjunkturdämpfer

Sentix: Russland-Krise verdüstert Ausblick

Investoren befürchten Konjunkturdämpfer

ks/ms Frankfurt – Die Anleger sehen im Sog der Russland-Sanktionen den Aufschwung in Deutschland und in der gesamten Eurozone in Gefahr. Diesen Schluss zieht das Forschungsunternehmen Sentix aus dem Ergebnis seiner jüngsten Umfrage unter knapp 900 Groß- und Kleinanlegern.Der Sentix-Konjunkturindex für Deutschland gab den Angaben zufolge im August gegenüber Juli deutlich von 29,0 auf 17,9 Punkte nach. Für die gesamte Eurozone ergab sich aktuell ein Saldo aus positiven zu negativen Umfrageantworten von nur noch 2,7 Punkten, nach 10,1 Zählern im Juli. Nach dem Erholungsversuch im Vormonat rutschte der Sentix-Konjunkturindex für Euroland damit auf einen Stand, der zuletzt im August 2013 gemessen worden war, wie Sentix-Geschäftsführer Patrick Hussy erläuterte.Auslöser war die Erwartungskomponente des Frühindikators. Sie stürzte um 13,3 auf 5,0 Prozentpunkte. Einen solch deutlichen Rücksetzer habe es zuletzt im August 2011 gegeben, als die Aktienmärkte binnen Tagen um 25 % kollabiert seien, strich Hussy heraus. Die Politik der Europäischen Zentralbank habe (EZB) in den vergangenen 24 Monaten eher für Beruhigung gesorgt, was auch auf die geringen Veränderungsraten in den Investorenerwartungen zur Konjunktur ausgestrahlt habe. Da der aktuelle Rücksetzer aber auf ein Ereignis zurückzuführen sei, das starken politischen Kräften und Machtspielen ausgesetzt sei, dürften es die Notenbanken – allen voran die EZB – schwerhaben, gegenzusteuern. In den vergangenen Monaten habe EZB-Präsident Mario Draghi mehrfach die aufkeimenden Sorgen mit entsprechenden Maßnahmen im Keim ersticken können. Dass dies in diesem Falle nicht so einfach sei, dürfte der Markt schnell erkannt haben. Die von Sentix befragten Investoren “gehen von einer steigenden Gefahr eines drohenden Konjunkturabschwungs in der Eurozone aus”, betonte Hussy.Die Sorge vor einer negativen Rückkopplung aufgrund der Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden Hussy zufolge für Deutschland besonders offensichtlich. Das Land führe als Wirtschaftsraum die Verschlechterung in den Sentix-Konjunkturindizes im August an. Mit einem Rückgang von 29,0 auf nur noch 17,9 Punkte schlage der Russland-Effekt “sehr deutlich zu und trägt damit dem Umstand Rechnung, dass die Konjunkturlokomotive Eurolands sehr starke Verflechtungen mit der russischen Wirtschaft hat”. Besonders bemerkenswert sei hierbei der starke Rückgang in der Erwartungskomponente, welche nun erstmals seit November 2012 mit minus 1,3 (Juli: plus 11,8) Punkte negativ notiere.Die Regionen USA und Asien ex Japan zeigten sich Sentix zufolge in der Erhebung einigermaßen stabil, allerdings sei der Index für Osteuropa mit aktuell minus 12 Punkten in den Rezessionsmodus gefallen. Weltweit wird von den Umfrageteilnehmern eine etwas geringere Wachstumsdynamik veranschlagt. BayernLB sieht ÜbertreibungJürgen Michels, Chefvolkswirt der BayernLB, relativierte den Einbruch des Sentix-Index. Gerade in Phasen, in denen solche Konflikte eskalierten, “gibt es schnell Übertreibungen” bei Indikatoren wie dem Sentix oder auch dem ZEW-Konjunkturindex, sagte er vor Journalisten in Frankfurt. Ein Grund sei, dass Details und mögliche Folgen von Entwicklungen wie jetzt den Wirtschaftssanktionen oft nicht gleich ganz klar seien.Michels glaubt nicht, dass es gleich einen Einbruch bei der realen Wirtschaftstätigkeit geben werde – zumindest solange die Sanktionen nicht verschärft werden und es zu keiner Spirale kommt. Er prognostiziert, dass das aktuelle Strafpaket das Wachstum im Euroraum um zusammengenommen 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte in diesem und nächsten Jahr drücken könnte.