Italien hat eine neue Regierung

Minister und Programm vorgestellt - Di Maio Außenminister, Gualtieri Wirtschaftsminister

Italien hat eine neue Regierung

Italien hat eine neue Regierung. Die Sozialdemokraten des PD und die 5-Sterne-Bewegung einigten sich auf ein sehr expansives Programm. Anschließend stellte der designierte Premierminister Giuseppe Conte Staatspräsident Sergio Mattarella seine Kabinettsliste vor. bl Mailand – Die italienischen Sozialdemokraten des Partito Democratico (PD) und die 5-Sterne-Bewegung haben sich in mehrstündigen Verhandlungen mit dem designierten Premierminister Giuseppe Conte auf die endgültige Version eines Regierungsprogramms geeinigt. Nach einem Gespräch mit Staatspräsident Sergio Mattarella stellte Conte am Mittwoch seine Ministerliste vor. Conte war bereits Premierminister der Vorgängerregierung. Nach seinem Rücktritt am 20. August blieb er auf Bitten Mattarellas, der ihn mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt hatte, geschäftsführend im Amt. Die Vereidigung ist für den heutigen Donnerstag vorgesehen. Danach müssen noch beide Parlamentskammern der neuen Regierung das Vertrauen aussprechen.Den Weg zur Bildung der 66. italienischen Regierung seit dem Zweiten Weltkrieg frei gemacht hatten am Dienstag die Mitglieder der 5 Sterne. In einer Online-Befragung stimmten sie der Bildung der neuen Regierung mit einer Mehrheit von fast 80 % zu. Von den 21 Ministern kommen zehn von den 5 Sternen darunter deren Chef Luigi Di Maio als Außenminister, neun von den Sozialdemokraten, darunter Wirtschaftsminister Roberto Gualtieri, einer von der linken Kleinpartei “Liberi e Uguali” (Leu), die der Koalition beitrat (Roberto Speranza) und die parteilose Luciana Lamorgese, die als Nachfolgerin von Matteo Salvini Innenministerin wird. Der Regierung gehören sieben Frauen an. Das entspricht einem Drittel der Posten.Die neue Regierungskoalition setzt auf eine “expansive Wirtschaftspolitik” und unterscheidet sich damit in vielen Punkten nicht wesentlich von der bisherigen Regierung. Anders als bisher wird aber betont, dass “das Gleichgewicht der öffentlichen Finanzen nicht aufs Spiel gesetzt werden soll”. Was das in der Sache bedeutet, ist noch unklar. Die Koalition aus Lega und 5 Sternen hatte sich in der Budgetpolitik im Dauerstreit mit Brüssel befunden. Schulden und Haushaltsdefizit sind in den vergangenen 15 Monaten weiter gestiegen.Das neue Regierungsprogramm sieht vor allem ein neues Einwanderungsgesetz vor. Damit solle das Migrationsproblem auf “strukturelle Weise” in Angriff genommen werden, sagte Graziano Delrio, Fraktionschef der PD in der Abgeordnetenkammer. Delrio hatte in den Verhandlungen mit Conte die sozialdemokratische Delegation angeführt. Er zeigte sich zufrieden auch mit dem Arbeitsklima zwischen den Vertretern der beiden Parteien. Streitthemen ausgeklammertDas Programm enthält 29 Punkte, bleibt aber in vielerlei Hinsicht vage – wohl auch, um Konflikte zwischen den beiden bisher heftig zerstrittenen Partnern zu vermeiden. Die Märkte reagierten dennoch positiv. Der Zinsabstand zwischen deutschen und italienischen Zehnjahresanleihen ging erstmals seit 15 Monaten unter 140 Basispunkte. Und an der Börse stiegen vor allem die Kurse von Bankenaktien. Auch aus der EU kamen positive Signale.Einig sind sich die Partner in der Ablehnung einer Mehrwertsteuererhöhung, ohne die jedoch die Einhaltung der Defizitziele kaum gelingen kann. Geplant sind ein gesetzlicher Mindestlohn, eine progressivere Gestaltung der Einkommensteuer mit Entlastungen für die unteren und mittleren Einkommensgruppen, Maßnahmen für Mittelständler und Investitionen in digitale Technologien. Außerdem soll mehr in grüne Projekte, in Infrastruktur sowie Schulen, Hochschulen und Krankenhäuser investiert werden. Vorgesehen sind darüber hinaus eine Förderbank für Süditalien und eine Verkleinerung des Parlaments.Zur Industriepolitik, traditionell ein Streitpunkt zwischen den Sozialdemokraten und den 5 Sternen, findet man wenig. Vor allem die Verstaatlichung der Fluggesellschaft Alitalia, eine mögliche Rettung der Krisenbank Carige und Freihandelsabkommen mit Kanada, den Mercosur-Staaten und den USA, denen die 5 Sterne sehr kritisch gegenüber stehen, sind umstritten.