Italien hat eine neue Regierung

Präsident ernennt Conte zum Premierminister

Italien hat eine neue Regierung

bl Mailand – Das Warten auf eine neue italienische Regierung hat ein Ende. Präsident Sergio Mattarella ernannte den parteilosen Juraprofessor Giuseppe Conte zum neuen Regierungschef des Landes. Die beiden künftigen Regierungsparteien Lega und Movimento 5 Stelle (M5S) zeigten sich erfreut, endlich “loslegen” zu können, wie Lega-Chef Matteo Salvini sagte.Wochenlang war zuvor um die Bildung einer neuen Regierung gerungen worden. Die rechtsnationale Lega und die eher linkspopulistische M5S einigten sich schließlich auf ein Programm, das stark europakritische Züge trägt, obwohl die Forderung nach einem Euro-Austritt darin nicht enthalten ist. Vorgesehen sind ein Grundeinkommen von 780 Euro monatlich, eine Flat Tax mit zwei Steuersätzen, eine Senkung des Rentenalters und der Verzicht auf eine geplante Mehrwertsteuererhöhung sowie die konsequente Rückführung illegaler Einwanderer. Die Gesamtkosten werden von Ökonomen auf mehr als 100 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Die EU-Kommission in Brüssel und die Regierungen in Paris und Berlin übten heftige Kritik an den Plänen und warnten die künftigen Regierungspartner davor, europäische Regeln zu brechen. Die Finanzmärkte gerieten in Turbulenzen. Am Mittwoch gab die Mailänder Börse noch einmal deutlich nach. Der Spread zwischen deutschen und italienischen Staatsanleihen stieg zeitweise auf bis zu 195 Basispunkte.Mattarella hatte die Regierungsbildung zuletzt noch einmal hinausgezögert, weil er sich Bedenkzeit für die Ernennung Contes ausbedungen hatte. Ihm steht verfassungsmäßig Mitsprache in dieser Frage zu. Der Präsident drang auf einen europakonformen Kandidaten. Sein Verhalten stieß in der M5S auf heftige Kritik. M5S-Parteichef Luigi Di Maio sagte nun: “Endlich beginnt die dritte Republik.” Er unterstrich, dass die Regierung eine klare Mehrheit der Bevölkerung hinter sich habe. “Conte wird der politischste Regierungschef sein, den wir je hatten”, fügte er hinzu. Für Unruhe sorgte zuletzt auch die Frage der Besetzung der Ministerposten. Während Salvini vermutlich Innenminister wird, soll Di Maio das Amt des Ministers für ökonomische Entwicklung und Arbeit erhalten. Für Ängste sorgt die geplante Ernennung des früheren Industrieministers Paolo Savona zum Wirtschaftsminister. Der 82-Jährige hat seine früher europafreundlichen Positionen stark revidiert. Er ist inzwischen extrem europa- und deutschlandfeindlich und hat sich mehrmals für einen Euro-Austritt Italiens ausgesprochen.—– Personen Seite 12