Italien schaltet im Defizitstreit auf stur

Rom will bei Haushaltsplänen nicht nachgeben

Italien schaltet im Defizitstreit auf stur

bl/ms Mailand/Frankfurt – Im Streit mit der EU-Kommission über den Haushaltsentwurf für 2019 zeigt Italien nach wie vor keinerlei Anzeichen für ein Einlenken. Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini sagte gestern, man werde kein Komma von den Plänen abrücken. Die EU-Kommission hatte den im Oktober übermittelten Entwurf zurückgewiesen und das Land aufgefordert, spätestens bis zum heutigen Dienstag einen Brief mit Änderungen zu übermitteln. Sollte Rom der Aufforderung nicht nachkommen, droht Brüssel mit der Einleitung eines Verfahrens, an dessen Ende ein Bußgeld in Höhe von bis zu 0,2 % der Wirtschaftsleistung stehen könnte.Italiens Regierung will den Haushaltsfehlbetrag 2019 auf 2,4 % steigen lassen. Das wäre dreimal so viel, wie es die linke Vorgängerregierung geplant hatte. Dabei geht Rom überdies von einer aus Brüsseler Sicht unrealistisch optimistischen Wachstumsquote von 1,5 % aus. Die EU-Kommission, aber auch alle national und international relevanten Wirtschaftsinstitute erwarten eher ein Wachstum von 1%. Damit würde das Defizit auf bis zu 2,9 % steigen.Die wirtschaftlichen Rahmendaten haben sich zuletzt verschlechtert. Im dritten Quartal stagnierte die Wirtschaft und die Arbeitslosenquote stieg. Das nationale Statistikamt Istat vermeldete gestern außerdem einen Rückgang der Industrieproduktion im dritten Quartal. Die von der Regierung angepeilte Wachstumsquote ist selbst im günstigsten Fall kaum zu erreichen.Wirtschaftsminister Giovanni Tria hatte zwar am Wochenende Entgegenkommen signalisiert. Angeblich soll er bereit sein, die Wachstumsprognose zurückzunehmen und einen Ausgabenstopp vorzunehmen, sollte das Defizit über 2,4 % steigen. Doch der parteilose Minister ist innerhalb der Regierung isoliert. Die wahren Entscheider sind Salvini und der andere Vizepremier, 5-Stelle-Chef Luigi Di Maio. Beide zeigen keinerlei Kompromissbereitschaft. Der Chef der Populistenbewegung nannte das Befolgen der EU-Regeln einen “Selbstmord, der uns in die Rezession führen würde”.Gestern stieg der Zinsaufschlag zwischen zehnjährigen deutschen und italienischen Staatsanleihen wieder auf mehr als 300 Basispunkte. Damit erhöhten sich die Renditen für italienische Bonds auf 3,41 %. Die hohen Zinsen sorgen die Wirtschaft zusehends und bringen einige Banken in große Bedrängnis. Die Genueser Sparkasse Carige soll durch den privaten Rettungsfonds der Banken vor dem Konkurs gerettet werden. EZB-Vize de Guindos warntUnterdessen zeigte sich die Europäische Zentralbank (EZB) erneut besorgt über die Budgetpläne Roms. In Europa seien neue Sorgen hinsichtlich der Tragfähigkeit der Schulden von Staaten und Privatwirtschaft zu beobachten, sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos am Montag in Frankfurt: “Was die öffentlichen Finanzen angeht, ist Italien gegenwärtig der prominenteste Fall.” Es sei entscheidend, die EU-Fiskalregeln einzuhalten. Ähnlich hatte sich jüngst auch EZB-Chef Mario Draghi geäußert. Dafür war er von den Populisten scharf attackiert worden.Unterdessen waren in Rom jetzt Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Prüfung der Situation des Landes – für den alljährlichen Länderbericht. Salvini spöttelte dazu, es fehlten nun bloß noch Derrick und Columbo – “dann haben wir alle beisammen”, sagte er.