Italien verspricht Verlässlichkeit

Conte erhält Auftrag zur Regierungsbildung aus 5 Sternen und Sozialdemokraten - "Unsicherheit beenden"

Italien verspricht Verlässlichkeit

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte hat von Staatspräsident Sergio Mattarella das Mandat erhalten, eine neue Regierung zu bilden. An ihr wird die Lega Nord nicht mehr beteiligt sein, sondern 5 Sterne und Sozialdemokraten. Conte verspricht das Ende der politischen Unsicherheit.fed Frankfurt – Die Botschaft an die europäischen Partner war gestern unüberhörbar: Italien, immerhin ein Gründungsland der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, soll in der Europäischen Union “die führende Rolle spielen, die es verdient”. Mit dieser Ankündigung wurde am Nachmittag der bisherige und künftige Ministerpräsident Giuseppe Conte zitiert. Der parteilose Rechtswissenschaftler war wenige Stunden zuvor beauftragt worden, eine neue Regierung aus 5-Sterne-Partei und Sozialdemokraten zu bilden.Conte versprach ein “neues Kapitel”. Das Land müsse so schnell wie möglich “die politische Unsicherheit beenden, die diese Regierungskrise ausgelöst hat”. Nach der Entscheidung des Chefs der rechtspopulistischen Lega Nord, Matteo Salvini, die Koalition mit den 5 Sternen zu kündigen, befand sich Italien mehrere Tage im Schwebezustand zwischen möglichen Neuwahlen und einer Regierung ohne Beteiligung der Lega. “Es ist eine sehr heikle Phase für das Land”, unterstrich Conte, der nun zügig ein Haushaltsgesetz voranbringen möchte, um der neuen Koalition der bislang gegnerisch gesinnten 5 Sterne und der sozialdemokratischen PD Stabilität zu verleihen. Spätestens im Oktober muss der Budgetentwurf für 2020 abgeschlossen sein. In den Parlamentskammern haben beide Parteien eine Mehrheit, sofern kleinere Fraktionen sie unterstützen. Applaus aus Brüssel und BerlinDie Aussicht auf eine Regierung, an der die Europagegner um Salvini nicht mehr beteiligt sein werden, löste in Brüssel und Berlin Beifall aus. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker betonte die “zentrale Rolle” Italiens “in unserer europäischen Familie”. Der Luxemburger wünschte Conte Erfolg bei seinen Bemühungen um eine neue Regierung. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger erklärte in einem Interview, er begrüße, dass nun wieder eine proeuropäische Regierung ans Ruder gelange. “Damit wurde einem Populisten, der in der Badehose Politik macht, eine Grenze aufgezeigt”, sagte Oettinger im Gespräch mit dem Südwestrundfunk.Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärte, er freue sich, “dass die Regierungskrise in Italien jetzt wohl zu Ende geht und nun eine stabile und neue, progressive Regierung ans Ruder kommen kann”.Die Konjunktive in diesen und anderen Reaktionen auf die Meldungen aus Rom weisen gleichwohl darauf hin, dass es noch keine ausgemachte Sache ist, ob die Regierungsbildung tatsächlich gelingt. Schließlich sind die künftigen Koalitionspartner bisher recht ruppig miteinander umgegangen, da sie politische Rivalen waren. Conte nahm umgehend Verhandlungen mit allen parlamentarischen Gruppen auf, um anschließend ein Regierungsprogramm aufstellen und Minister berufen zu können.Allerdings sind zentrale Personalfragen der künftigen Koalition noch nicht geklärt. Das gilt insbesondere hinsichtlich des Amts des stellvertretenden Regierungschefs. Auch besteht noch eine Hürde auf dem Weg zu einer neuen Regierung in der Notwendigkeit, dass die Basis der 5-Sterne-Bewegung einer Koalition zunächst einmal per Online-Votum den Segen geben muss. Riskantes Kalkül Salvinis Bei den Parlamentswahlen im Frühjahr 2018 hatten die Sozialdemokraten herbe Verluste eingesteckt und waren beim Stimmenanteil auf die Größenordnung der Lega Nord geschrumpft – auf nahe 18 %. Die 5-Sterne-Partei hatte seinerzeit kräftig zugelegt und mit mehr als 32 % als klarer Wahlsieger aus dem Rennen gegangen. Mittlerweile aber hat die Lega in den Umfragen deutlich zugelegt – sicherlich ein Grund, warum Salvini die Koalition hat platzen lassen, um durch Neuwahlen seine eigene Position zu stärken. Dieses Kalkül hat sich indes nun als riskant erwiesen, denn es ist – zumindest erst einmal – nicht aufgegangen.