Italien will bereits im Herbst neu wählen

Wahlrecht soll im Juli durchs Parlament

Italien will bereits im Herbst neu wählen

tkb Mailand – Italiens Parteien haben sich auf ein neues Wahlrecht nach deutschem Vorbild geeinigt. Nicht nur die Regierungspartei Partito Democratico (PD) und Berlusconis Forza Italia sind mit dem neuen Modell einverstanden – zu Wochenbeginn haben auch die Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) und die ausländerfeindliche Lega Nord ihre Zustimmung gegeben. Bis zum 7. Juli soll das neue Wahlrecht die parlamentarische Hürde überwinden, somit sollen bereits im September oder Oktober Neuwahlen stattfinden.Italiens Legislaturperiode läuft zwar erst im Frühjahr 2018 ab, doch vorgezogene Wahlen könnten der derzeit herrschenden politischen Instabilität ein vorzeitiges Ende bereiten. Politische Beobachter erwarten eine Neuauflage des Bündnisses zwischen der PD und Berlusconis Forza Italia, eine “großen Koalition”. Damit wäre die Gefahr einer europafeindlichen Regierung (M5S und Lega Nord) vorerst gebannt. Banca-d’Italia-Präsident Ignazio Visco warnte anlässlich der Jahresversammlung der Notenbank: “Es ist eine Illusion, anzunehmen, dass Italiens Wirtschaftsprobleme einfacher außerhalb der Wirtschafts- und Währungsunion gelöst werden könnten.” Vielmehr müsse die moderate Erholung genutzt werden, um die öffentlichen Finanzen in Ordnung zu bringen und die Schulden zu senken. Vor allem der hohe Schuldenberg von 132 % des Bruttoinlandsprodukts mache den Staat anfällig und belaste die Wirtschaft.Fraglich ist, wer bei vorgezogenen Wahlen das Budgetgesetz erlässt. Dieses muss bis Jahresende unter Dach und Fach sein. Da dabei Korrekturmaßnahmen bis zu 20 Mrd. Euro vorgesehen sind, handelt es sich um ein politisch heißes Eisen. Neue 5-Prozent-KlauselVier Jahre lang hat Italiens Regierung die Wahlrechtsreform diskutiert. Die vom Kabinett Renzi verfasste Reform “Italicum”, ein vorwiegend auf dem Mehrheitsprinzip basierendes Wahlrecht, wurde nicht nur von seinen politischen Gegnern, sondern auch vom Verfassungsgericht in manchen Punkten abgelehnt. Renzis Nachfolgeregierung von Paolo Gentiloni drang auf die Wahlrechtsreform, um für etwaige Neuwahlen gerüstet zu sein. Nun haben sich die Großparteien überraschend geeinigt. Sie bestehen darauf, die 5-%-Klausel einzuhalten. Dies ist für Italien ein Novum, da die politische Landschaft durch zig Parteien geprägt wird. Keineswegs mit dem Wahlrecht einverstanden zeigt sich die Regierungspartei “Alternative Popolare” des Außenministers Angelo Alfano. Sie vereint rund 3 % der Stimmen hinter sich. Alfano hat jedoch schon ein Bündnis mit Berlusconis Forza Italia im Visier.