Italiens Börsenaufsichtschef tritt ab und kehrt nach Brüssel zurück
bl/fed – Mit sichtlicher Freude und Genugtuung hat Vizepremier und 5-Stelle-Chef Luigi Di Maio auf den Rücktritt des Chefs der italienischen Börsenaufsicht Consob, Mario Nava, reagiert. “Endlich hat er zur Kenntnis genommen”, so Di Maio, dass die Freistellung von seiner Brüsseler Tätigkeit, “unvereinbar” sei mit der Leitung einer Aufsichtsbehörde wie der Consob. Der 51-jährige Ökonom hatte seit Wochen unter Beschuss der beiden Regierungsparteien 5 Stelle und Lega gestanden und trat am Donnerstagabend zurück.Es ist absurd, aber es sind wohl ausgerechnet seine jahrzehntelange europäische Erfahrung und seine Unabhängigkeit, die ihm zum Verhängnis wurden. Denn Nava, der in Brüssel maßgeblich an der Finanzmarktregulierung mitwirkte und unter anderem die EU-Kapitalrichtlinie (CRD IV) verfasste, ist ein international anerkannter Fachmann. In einer Erklärung wies er darauf hin, dass die rechtliche Korrektheit seiner Ernennung zum Consob-Chef sowohl von der EU-Kommission als auch von Staatspräsident Sergio Mattarella, dem Rechnungshof und dem damaligen Regierungschef Paolo Gentiloni bestätigt worden sei.Dem Vater von drei Kindern, der an der Mailänder Bocconi-Universität, an der Katholischen Universität im belgischen Leuven und an der London School of Economics graduierte und promovierte, kam seine europäische Gesinnung nicht gerade zugute in der neuen Regierung. Dass er schon bei seiner Vorstellung vor der Finanzkommission der beiden Kammern des Parlaments sagte, er wolle nicht nur Notar sein, sondern Motor für Veränderungen an den Finanzmärkten, dürfte ihm nicht genutzt haben. Unabhängig und proaktivAls erster Consob-Chef stellte er sich im Juni Fragen der Journalisten und sorgte auch sonst für frischen Wind. Er betonte die Unabhängigkeit der Aufsicht, die proaktiv handeln und nicht erst im Nachhinein Sanktionen bei Verstößen verhängen dürfe. Und er trat für einen erleichterten Zugang zur Börse, mehr Finanzbildung und eine stärkere internationale Rolle der Consob ein. In der Vergangenheit waren der italienischen Börsenaufsicht Versäumnisse beim Zusammenbruch mehrerer Banken vorgeworfen worden. Das Fass zum Überlaufen gebracht haben dürfte er aus Sicht der Regierung mit seiner Aufforderung, diese möge sich nach dem Einsturz einer Autobahnbrücke in Genua mit Rufen nach einem Konzessionsentzug für den Autobahnbetreiber Autostrade per l’Italia bzw. deren Mutter Atlantia zurückzuhalten. Es fehlten Beweise für Versäumnisse des Unternehmens.Dass Di Maio nun ankündigte, man werden “einen Staatsdiener und nicht jemanden aus der internationalen Finanzwelt” zu Navas Nachfolger machen, klingt wie eine Drohung. Ansagen wie diese werden im den EU-Nachbarstaaten und an den Märkten sensibel registriert, schließlich gibt es Zweifel an der finanzpolitischen Solidität und Seriosität der italienischen Regierung.Di Maio und seine Mitstreiter werden – ob sie wollen oder nicht – Nava übrigens auch nach seinem Abschied als Consob-Chef noch häufig begegnen. Denn er kehrt in die EU-Kommission zurück und wird dort als Direktor Finanzmarktstabilität an entscheidender Stelle über Finanzmarktregeln mitentscheiden. Insofern bleibt Nava wichtiger Ansprechpartner der italienischen – und überhaupt aller europäischen – Banken.