Von Gerhard Bläske, MailandItalien fährt einen gefährlichen Kurs. Das mit mehr als 135 % des Bruttoinlandsprodukts verschuldete Land setzt die finanzstarken Länder Deutschland und Niederlande öffentlich massiv unter moralischen Druck, der Ausgabe von europäischen Anleihen zuzustimmen. Die “Geizkragen” seien verantwortlich, wenn Italien zusammenbreche. Premierminister Giuseppe Conte wird dabei auch von der rechten Opposition getrieben, die ihn mahnt, nicht einzuknicken.Rom folgt der Maxime “viel hilft viel”. Die EZB-Anleihekäufe, gigantische Mittel aus dem EU-Haushalt, des ESM und der Europäischen Investitionsbank reichen Italien nicht. Dabei wurde auch auf nationaler Ebene die Bazooka herausgeholt: 750 Mrd. Euro werden per Notgesetz mobilisiert. Ein weiteres Dekret kommt in den nächsten Tagen.Schon die Frage, wofür das viele Geld eingesetzt werden soll, gilt als unbotmäßig, genauso wie der Einwand, dass ein Kreditnehmer in der Regel die Bedingungen des Kreditgebers akzeptieren muss. Misstrauen ist angebracht. Die Phase der Niedrigzinsen wurde nicht zu Reformen von Verwaltung oder Justiz sowie zur Senkung der Ausgaben genutzt, sondern für eine Herabsetzung des Rentenalters und eine im Vergleich zu der schwachen Produktivität viel zu hohe Grundsicherung. Diese soll nun sogar auf Schwarzarbeiter ausgeweitet werden. Auch marode Betriebe wie Alitalia oder die Volksbank von Bari dürften gerettet werden.Der Appell an Europa ist auch sonst wohlfeil. Denn Italien plant massive staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen und Verstaatlichungen. “Der Staat wird alles tun, um sicherzustellen, dass unsere nationalen Assets geschützt werden. Italien darf nicht zum Outlet anderer Nationen werden”, sagt Außenminister Luigi Di Maio. Rom will selbst entscheiden, bei welchen Unternehmen interveniert wird. Vermutlich ab nächste Woche soll ein Teil der überwiegend stillgelegten Produktion wieder öffnen, die Ausgangssperre aber erst im Mai gelockert werden.