bl Mailand – Italiens Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini droht dem Koalitionspartner, der 5 Sterne, mit Neuwahlen. “Das Vertrauen ist zerstört – auch auf der persönlichen Ebene. Wenn es keinen Sinn mehr hat, dann müssen wir eben neu wählen”, sagte der Lega-Chef. Luigi Di Maio, auch er Vizepremier und Chef der 5 Sterne, forderte die Lega auf, “es klar zu sagen”, wenn sie die Regierung zu Fall bringen wolle.In einem Interview mit dem “Corriere della Sera” verlangte Salvini Neuwahlen für den Fall, dass eine Reihe von Reformen nicht endlich umgesetzt wird. Bereits seit Monaten blockieren die 5 Sterne die von der Lega verlangte Autonomie für die Regionen Lombardei, Venezien und Emilia-Romagna. Dafür hatte sich die Mehrheit der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten in Referenden ausgesprochen. Die 5-Sterne-Bewegung fürchtet jedoch Nachteile für finanziell ärmere Regionen in Süditalien. Am heutigen Freitag sollte dazu ein neues Treffen stattfinden, das Salvini jedoch, ebenso wie die Kabinettssitzung, schwänzen will.Ebenfalls seit Monaten blockiert ist eine geplante Justizreform. Und die von der Lega forcierte Einführung einer Flat Tax von 15 % für alle Familieneinkommen bis 55 000 Euro jährlich wird zwar vom Koalitionspartner nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Es werden aber Korrekturen gefordert, um einkommensschwache Haushalte, die von der Flat Tax nicht profitieren würden, auch in den Genuss von Steuererleichterungen zu bringen. Dass es für die Maßnahme, deren Kosten auf 12 bis 13 Mrd. Euro im ersten Jahr geschätzt werden, keine Gegenfinanzierung gibt, spielt in der Diskussion kaum eine Rolle. Salvini geht davon aus, dass die Steuersenkungen den Konsum beleben und so mehr Geld in die Staatskassen spülen.Für eine Zuspitzung der Krise hat das Abstimmungsverhalten der 5 Sterne bei der Wahl der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geführt. Ihre 14 Stimmen waren entscheidend für den Erfolg der Deutschen. Salvini wirft dem Koalitionspartner “Verrat” vor, weil er ausgerechnet mit Kanzlerin Angela Merkel, seiner Intimfeindin, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sowie dem oppositionellen Partito Democratico und Berlusconis Forza Italia gestimmt habe. Er unterstellt den 5 Sternen, eine Koalition mit dem Partito Democratico anzustreben. Die 5 Stelle berufen sich darauf, dass mit Premierminister Giuseppe Conte eine Zustimmung zur Wahl von der Leyens vereinbart worden sei. Die künftige EU-Kommissionspräsidentin habe Zugeständnisse in der Flüchtlingspolitik, in der Frage eines europäischen Mindestlohns und bei der Bankenunion gemacht. Mit ihrer Ablehnung erschwere die Lega die Besetzung einer Spitzenposition in der EU-Kommission mit einem Italiener. Die Lega hat innerhalb der Regierung in Rom das Vorschlagsrecht für den Posten.Beobachtern zufolge will Salvini mit seinen scharfen Attacken von eigenen Problemen ablenken. Die Staatsanwaltschaft Mailand ermittelt gegen seine Partei wegen des Verdachts, illegale Spenden aus Russland erhalten zu haben. Die Ermittlungen richten sich gegen enge Vertraute Salvinis, die sich in einem Moskauer Hotel mit Vertretern der russischen Regierung getroffen haben. Dazu gibt es einen Audio-Mitschnitt. Salvini, gegen den persönlich nicht ermittelt wird, weist die Vorwürfe zurück und sieht sich als Opfer eines Komplotts der Geheimdienste. – Kommentar Seite 1