Italiens Regierung will weitermachen

Drohender Bruch abgewendet - Weiter harter Kurs gegenüber EU-Partnern

Italiens Regierung will weitermachen

bl/ahe Mailand/Brüssel – Nach heftigen Auseinandersetzungen, die kurzzeitig ein Auseinanderbrechen der italienischen Regierungskoalition aus 5 Stelle und Lega möglich erscheinen ließen, rüsteten beide Seiten wieder ab. Die Entspannung beruhigte auch die Märkte etwas. Nachdem der Zinsaufschlag für italienische Staatsanleihen über zehn Jahre gegenüber deutschen Bonds zeitweise bis auf 340 Basispunkte gestiegen war, ging er am Freitagnachmittag wieder auf rund 320 Punkte zurück. An der Börse litten vor allem Bankenwerte, nachdem Fitch mit der Herabstufung mehrerer Institute gedroht hatte.In einer Kabinettssitzung am Samstag sollten die Gegensätze in Sachen Steueramnestie ausgeräumt werde. Lega-Chef und Vizepremier Matteo Salvini zeigte sich sehr verärgert über das Verhalten des Koalitionspartners, der im Fernsehen behauptet hatte, der Entwurf für die Amnestie sei manipuliert gewesen. Er bekundete jedoch genauso wie der andere Vizepremier und 5-Stelle-Chef Luigi Di Maio seinen Willen, die Koalition fortzusetzen.Eine Regierungskrise scheint damit abgewendet zu sein. Aber der Streit zeigt, wie angespannt die Beziehungen in der Regierung sind. Di Maio ist innerparteilich sehr umstritten. Ihm wird vorgeworfen, in Sachen Steueramnestie, Immigrationspolitik, Liberalisierung des Waffengesetzes und bei der Genehmigung vieler von der Parteibasis abgelehnter Infrastrukturprojekte zu nachgiebig zu sein. Salvini stiehlt ihm mit seinem selbstbewussten Auftreten die Schau. In Umfragen hat die Lega, die bei den Parlamentswahlen im März nur etwas mehr als halb so viele Stimmen wie die 5 Stelle erhalten hatte, den Koalitionspartner längst abgehängt. Juncker attackiert RomEin Bruch zwischen den beiden populistischen Parteien ist dennoch unwahrscheinlich, weil die Opposition zu schwach und zerstritten ist, so dass weder Lega noch 5 Stelle einen anderen Koalitionspartner fänden. In ihrer Politik der Berufung auf einen Volkswillen und den “gesunden Menschenverstand” sowie der Ablehnung von “Bürokraten” und “vermeintlichen Experten”, die entweder nie gewählt worden seien oder ihre demokratische Legitimation verloren hätten, sind sie sich sehr einig. Aus der Konfrontation mit den Märkten oder der EU leitet Salvini sogar eine besondere Legitimation ab: An deren Widerstand gegen die Budgetpolitik der Regierung sehe man, “dass wir richtig liegen”. Rom zeigt gegenüber der EU-Kommission deshalb in dem Streit keinerlei Entgegenkommen.Dass Italien in den vergangenen Jahren die Flexibilitätsinstrumente im Stabilitäts- und Wachstumspakt stark genutzt hat, wird ausgeblendet. In den vergangenen drei Jahren habe das Land so 30 Mrd. Euro mehr ausgegeben, ohne dass Sanktionen verhängt worden seien, so EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Flexibilität weiter auszudehnen sei nicht geplant.Dass Italien innerhalb der EU isoliert ist, betrachtet die Regierung als Auszeichnung. Salvini spekuliert offenbar darauf, dass die Nationalisten bei der Europawahl im Mai 2019 die jetzige EU-Kommission aus dem Amt jagen und er Junckers Nachfolge antreten könnte.