Italiens Wirtschaft schlägt Alarm

Appell von Verbänden und Gewerkschaften - Rom plant großes Hilfsprogramm

Italiens Wirtschaft schlägt Alarm

bl Mailand – Die italienischen Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften haben angesichts der dramatischen Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie auf die Wirtschaft eine bessere Koordinierung der Maßnahmen und neben Hilfsmaßnahmen für Unternehmen und Beschäftigte einen großen Investitionsplan gefordert. Es sei notwendig, sicherzustellen, dass Unternehmen und ihre Mitarbeiter unter normalen Bedingungen arbeiten können. Panikmache, die das Image des “Made in Italy” und des Tourismus nachhaltig schädige, müsse vermieden werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.Die Regierung bereitet für Samstag ein Dekret mit Hilfsmaßnahmen über mehrere 100 Mill. Euro vor. Wirtschafts- und Finanzminister Roberto Gualtieri will zusätzlich nächste Woche ein Investitionsprogramm mit vereinfachten Verfahren vermutlich in Milliardenhöhe sowie Steuererleichterungen vorstellen. Rom sucht dafür die Unterstützung der EU, weil damit das Defizitziel von 2,2 % weit verfehlt werden dürfte.Italiens Bruttoinlandsprodukt könnte nach Ansicht des Ökonomen Lorenzo Codogno von der Beratungsgesellschaft LC-Macro Advisors 2020 im schlechtesten Fall um bis zu 3 % schrumpfen. Teile der Lombardei und Venetiens sind gesperrt. Die beiden Regionen erwirtschaften ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts des Landes. Carlo Bonomi vom Industrieverband Assolombardo verlangt Unterstützung für Messeveranstalter, Logistik- und Transportunternehmen, den Tourismus, die metallverarbeitende Industrie und die Autobranche. In der abgeriegelten roten Zone der Lombardei sitzen zahlreiche Logistikzentren und Modeunternehmen. Fiat Chrysler erhielt eine Sondergenehmigung, um bei dem Komponentenfertiger MTA dringend benötigte Teile abzuholen. Andernfalls hätte ein Produktionsstopp in vier Werken gedroht. Angesichts der Lieferketten in der metallverarbeitenden Industrie, im Maschinenbau, in der Autoindustrie und in der Pharmabranche drohen unmittelbare Auswirkungen auch auf andere Länder.Auch die Modeindustrie schlägt Alarm. Die Branche, die mit 620 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 90 Mrd. Euro erwirtschaftet, davon 80 % im Export, zählt allein in der Lombardei 6 000 Unternehmen. Und im Tourismus, der für 5 % des Bruttoinlandsprodukts Italiens steht, werden im ganzen Land bis zu 90 % der Reservierungen annulliert.Angesichts der Proteste der Wirtschaft in Mailand, die sich in einer Petition an Bürgermeister Giuseppe Sala gewandt hat, hat dieser die bisher verfügte Schließung der Bars und Cafés nach 18 Uhr aufgehoben. Auch die Museen will er wieder öffnen. Tourismus und Gastronomie erleiden schwere Einbußen. Viele Firmen bitten ihre Mitarbeiter, am heimischen Schreibtisch zu arbeiten.