IWF-Appelle in düsteren Zeiten

Konjunktureinbruch historischen Ausmaßes erwartet - Virtuelle Frühjahrstagung von IWF und Weltbank

IWF-Appelle in düsteren Zeiten

Die globale Konjunktur wird nach Ansicht des Internationalen Währungsfonds (IWF) dieses Jahr wie noch nie seit der Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren einbrechen. Chancen auf eine Erholung bestehen aber, wenn die Corona-Infektionsrate sinkt und Konjunkturprogramme sowie geldpolitische Maßnahmen greifen.det Washington – Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet als Ergebnis der Coronavirus-Pandemie mit dem weltweit stärksten Konjunktureinbruch seit der Weltwirtschaftskrise vor 90 Jahren. Wie der Währungsfonds im Vorfeld seiner virtuell abzuhaltenden Frühjahrstagung in seinem Weltwirtschaftsausblick (WEO) schreibt, ist dieses Jahr mit einem Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung um 3,0 % zu rechnen. Im Januar hatte der IWF noch ein Plus von 3,3 % vorausgesagt.Dennoch bestehe Anlass zur Hoffnung, heißt es. Sowohl das rasche und umfassende Eingreifen der Notenbanken als auch die zügige Verabschiedung von Ausgabenprogrammen könnten die Folgen der Pandemie lindern, sagte IWF-Chefökonomin Gita Gopinath. Die Krise sei nur in einem zweistufigen Prozess zu überwinden: Zunächst müssten sich die Regierungen auf die Eindämmung der Pandemie konzentrieren, um anschließend den Weg für eine konjunkturelle Erholung zu ebnen. Positiv hebt der Bericht hervor, dass in der ersten Phase der Krisenbewältigung Quarantänen, Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren bereits zu erkennbaren Fortschritten und einer Verringerung neuer Erkrankungen geführt haben. Zugleich betonte Gopinath, dass sämtliche Prognosen mit “extremer Unsicherheit” behaftet seien. Das gelte nicht nur mit Blick auf den weiteren Verlauf der Pandemie und Erfolge bei der Eindämmung. Schwer abzusehen sei auch, in welcher Form die Krise auf das Konsumverhalten der Verbraucher durchschlägt, wie tief die Störungen in globalen Lieferketten reichen werden und welche gesamtwirtschaftlichen Folgen die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen entfalten werden. Erholung ab 2021 möglich Gleichwohl könnte bereits 2021 eine kräftige Erholung möglich sein. Falls weitere Maßnahmen ergriffen werden, um die Wirtschaft zu stützen, und es in der zweiten Jahreshälfte gelingt, die Gesundheitskrise unter Kontrolle zu bekommen, dann könnte auf den tiefen Sturz ein steiler Aufschwung folgen und die Weltwirtschaft um 5,8 % wachsen.So oder so sind die kurzfristigen Aussichten ausgesprochen düster. So werden im laufenden Jahr die Industrieländer besonders hart betroffen sein. Für diese wurde die Wachstumsprognose um 7,7 Prozentpunkte auf minus 6,1 % nach unten korrigiert. In den Schwellen- und Entwicklungsländern erwartet der IWF einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1,0 %. Länder, die vom Export abhängen, werden unter dem kräftigen Rückgang des Welthandelsvolumens leiden, welches dieses Jahr um circa 11,0 % schrumpfen dürfte, heißt es im WEO. Den Einbruch der Ölpreise würden vor allem Schwellen- und Entwicklungsstaaten zu spüren bekommen. So dürften die Rohölpreise 2020 auf Jahressicht laut IWF 42 % purzeln.Kollektiv sei es durch die bisher getroffenen Maßnahmen gelungen, einen noch tieferen Einbruch der Weltwirtschaft zu verhindern. Zudem hätten Anleihekäufe seitens der Notenbanken Spannungen an den Finanzmärkten verringert, noch tiefere Kurseinbrüche an den Aktienmärkten abgewendet und einen noch steileren Absturz des Verbrauchervertrauens verhindert. Hilfreich werde für die Währungshüter bei der Lockerung ihrer Geldpolitik zudem die Tatsache sein, dass von Inflation weit und breit nichts zu sehen ist. So rechnet der IWF dieses Jahr in den Industriestaaten lediglich mit einer Teuerungsrate von 0,5 %. Strukturelle VeränderungenMit Blick auf die Zukunft ist jedenfalls mit einschneidenden, strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft zu rechnen. Diese werden zur Folge haben, dass der Politik und den Notenbanken noch größere Bedeutung zukommt als bisher. Im Mittelpunkt müsse nun vor allem multilaterale Kooperation stehen. Diese müsse sich sowohl auf die Entwicklung von Impfstoffen und Heilmitteln gegen das Virus als auch auf die Begrenzung des wirtschaftlichen Schadens konzentrieren.Nach Ansicht des IWF haben Industrieländer, die über robustere Gesundheitssysteme ebenso wie Reservewährungen verfügen, deutlich bessere Voraussetzungen, die Krise zu überwinden. Nun komme es darauf an, dass Schwellen- und Entwicklungsländer, die mit Einbrüchen beim Export ebenso wie Kapitalabflüssen zu kämpfen haben und weniger gut positioniert sind, Hilfe von internationalen Finanzierungsinstitutionen und anderen Gläubigern erhalten. Diese Möglichkeiten müssten unbedingt genutzt werden und stellen einen klaren Kontrast dar zur Weltwirtschaftskrise 1929/30 dar: Damals habe es im Gegensatz zu heute keinen “lender of last resort”, also Kreditgeber letzter Instanz wie den IWF, gegeben. Etwa 90 Länder haben sich mit Bitte um Hilfe bereits an den IWF gewendet.