IWF-JAHRESTAGUNG UND G20-TREFFEN

IWF-Chefin appelliert an Gemeinsinn der Staaten

Georgiewa: Wir brauchen eine starke internationale Kooperation - Hilfen auf keinen Fall zu früh stoppen

IWF-Chefin appelliert an Gemeinsinn der Staaten

ms Frankfurt – Zum Auftakt der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat IWF-Chefin Kristalina Georgiewa noch einmal ein eindringliches Plädoyer für eine möglichst enge Zusammenarbeit der Staaten im Kampf gegen die Corona-Pandemie und die wirtschaftlichen Folgen gehalten. “Wir brauchen jetzt mehr als je zuvor eine starke internationale Kooperation”, sagte Georgiewa gestern bei einer virtuellen Pressekonferenz aus Washington – und fügte noch einmal fast beschwörend hinzu: “Wir brauchen einander!”Mit den Aussagen untermauert Georgiewa die IWF-Forderung, dass die Staaten weltweit ihr Heil jetzt nicht in Abschirmung und Abschottung suchen, sondern auf multilaterale Kooperation setzen sollen. Im Zuge der virtuellen Jahrestagung beraten die Finanzminister und Notenbankchefs der 189 IWF-Mitgliedsstaaten insbesondere die Lage der Weltwirtschaft. Bereits am Dienstag hatte der Fonds seinen neuen Weltwirtschaftsausblick vorgelegt. Für 2020 erwartet er nun nur noch einen Wirtschaftseinbruch von 4,4 % statt 5,2 % im Juni. Zugleich betont er aber die extrem große Unsicherheit und die vielen Risiken.In den vergangenen Tagen hatte insbesondere der erneute deutliche Anstieg der Corona-Infektionszahlen weltweit Sorgen vor einem neuerlichen Lockdown mit dramatischen wirtschaftlichen Folgen wie im März und April geschürt. Der Handelskrieg zwischen den USA und China oder auch das Gezerre um den Brexit sorgen für zusätzliche Probleme. Zugleich gibt es verstärkt Sorgen, dass es bei der Entwicklung und einer späteren Verteilung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus zu einem internationalen Wettlauf und einem gegenseitigen Ausstechen kommt.IWF-Chefin Georgiewa sagte nun, dass es vor allem bei der Entwicklung und Verteilung eines Impfstoffes eine starke internationale Zusammenarbeit brauche. Schnellere Fortschritte bei einer medizinischen Lösung könnten auch die wirtschaftliche Erholung beschleunigen. Das könne das weltweite Einkommen bis zum Jahr 2025 um rund 9 Bill. Dollar höher ausfallen lassen. Aktuell prognostiziert der Fonds, dass die Coronakrise binnen der nächsten fünf Jahre rund 28 Bill. Dollar an Outputverlusten zur Folge haben könnte.Nicht zuletzt mit Blick auf den neuerlichen Anstieg der Infektionszahlen bekräftigte Georgiewa auch noch einmal die Forderung des IWF an die Staaten und Notenbanken, die Hilfen für die Wirtschaft in keinem Fall zu früh zurückzufahren. Im Gegenteil: “Tun Sie alles, was möglich ist”, sagte Georgiewa gestern. Ein übereilter Stopp der bisherigen Hilfen der Geld- und Fiskalpolitik sei mit Blick auf die Entwicklung der Weltwirtschaft derzeit ihre “größte Sorge”. Falsche Entscheidungen könnten zu einer Welle von Pleiten und zu hoher Arbeitslosigkeit führen. Firmen und Arbeitnehmer bräuchten weiter Unterstützung. Die Hilfsmaßnahmen seien noch “für einige Zeit” nötig, um “die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität” zu gewährleisten. “Wer den Stecker zu früh zieht, riskiert schweren selbstverschuldeten Schaden”, warnte Georgiewa.Der Fonds setzt sich weiter für eine starke Unterstützung seitens der Fiskal- und Geldpolitik ein. Zwar sieht er auch potenzielle Risiken einer solchen Politik; diese müssten aber eher mittelfristig angegangen werden. Auch Georgiewa mahnte, Staaten müssten mittelfristig handeln, um ihre Schulden nach der Krise wieder unter Kontrolle zu bringen. Die öffentliche Verschuldung werde 2021 auf ein Rekordhoch von fast 100 % der jährlichen weltweiten Wirtschaftsleistung (BIP) steigen (siehe Bericht oben auf dieser Seite).