IWF-Chefin Lagarde nimmt Politik ins Gebet

Fonds warnt vor Kollaps des Welthandelssystems

IWF-Chefin Lagarde nimmt Politik ins Gebet

ms Frankfurt – Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht die Weltwirtschaft mit deutlich gestiegenen Risiken und Unsicherheiten konfrontiert – allen voran der Gefahr eines Kollapses des Welthandelssystems. Die Lage sei insgesamt zwar weiter sehr positiv, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde gestern bei einer Rede in Hongkong: “Die Sonne scheint noch.” Zugleich warnte sie aber, dass die Unsicherheiten erheblich zugenommen hätten. Es brauten sich “dunke Wolken” zusammen. Damit gebe es für die Politik eine “neue Dringlichkeit”, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen.Im Speziellen kritisierte Lagarde vor allem die sich zuspitzenden Handelsstreitigkeiten primär zwischen den USA und China. Das globale Handelssystem mit Regeln und gemeinsamer Verantwortung drohe “zerrissen” zu werden. “Das wäre ein unentschuldbares, kollektives Politikversagen”, sagte die Französin. Sie forderte alle Beteiligten dazu auf, ihre Anstrengungen zu verdoppeln, um Handelsschranken zu senken und Streitigkeiten zu schlichten, ohne zu Extremmaßnahmen zu greifen. IWF-Tagung nächste WocheMit ihrer Grundsatzrede kurz vor der IWF-Frühjahrstagung Ende nächster Woche in Washington bereitet Lagarde das Feld für die Diskussionen der Finanzminister und Notenbankchefs der 189 Mitgliedstaaten in der US-Kapitale. Bei den Gesprächen dürfte der drohende Handelskrieg zwischen den USA und China ein zentrales Thema sein. Am Rande der Tagung treffen sich auch die G 20-Finanzminister und Notenbankchefs, um die Lage zu beraten.Lagarde betonte, dass die globale Weltwirtschaft einen starken Aufschwung erlebe. Im Januar hatte der IWF für 2018 und 2019 jeweils 3,9 % Wachstum prognostiziert. “Wir sind weiterhin optimistisch”, sagte Lagarde. Kommenden Dienstag gibt es die neue Fondsprognosen.Sie machte aber zugleich klar, dass die Unsicherheiten zugenommen hätten. Das für 2018 und 2019 erwartete wirtschaftliche Momentum schwäche sich womöglich ab. Konkret identifizierte sie drei neue Unsicherheiten und entsprechende Forderungen an die Politik. Zum einen sind das der Handelskonflikt und die Verteidigung der Offenheit der Weltwirtschaft. Handelshemmnisse nützten niemandem und schadeten vor allem den Armen, so Lagarde. Ursache für Handelsungleichgewichte seien weniger unfaire Handelspraktiken, denn unterschiedliche Ansätze in der Finanz- und Wirtschaftspolitik der Staaten.Zum anderen verwies Lagarde auf steigende fiskalische und finanzielle Risiken. Die globale Verschuldung habe mit rund 164 Bill. Dollar ein Rekordhoch erreicht. Regierungen, Unternehmen und Privathaushalte seien dadurch anfälliger geworden für steigende Zinsen. Viele Volkswirtschaften müssten ihre Schulden reduzieren. Zudem müsse es darum gehen, Puffer aufzubauen.Zudem plädierte Lagarde dafür, das langfristige Wachstum zu stärken. Einerseits gehe es dabei darum, das Potenzial des Dienstleistungssektor besser auszuschöpfen. Andererseits müsse es das Ziel sein, die digitale Transformation der Regierungen voranzutreiben.Lagarde appellierte an die Staaten, sich jetzt nicht auszuruhen angesichts des starken Wachstums – und wiederholte dabei ihr Mantra: “Wir müssen das Dach reparieren, solange die Sonne noch scheint.”