IWF erhöht Prognose für Deutschland

Reformen und Investitionen gefordert - Industrie produziert mehr als erwartet

IWF erhöht Prognose für Deutschland

ba Frankfurt – Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt der deutschen Wirtschaft in seinem jährlichen Länderbericht erneut ein gutes Zeugnis aus und hebt die Wachstumsprognosen an. Zugleich wurde aber auch die Forderung erneuert, Deutschland möge seinen fiskalischen Spielraum für Investitionen in die Infrastruktur, die Integration von Flüchtlingen sowie die Kinderbetreuung (vgl. BZ vom 16. Mai) nutzen. Zudem solle Arbeitseinkommen geringer besteuert werden. Auch regt der IWF eine Reform an, die zu einem späteren Renteneintritt der Arbeitnehmer führt – so müsse weniger für die Rente gespart werden, wovon der Konsum profitiere und der Überschuss sinke. Aus eigenem Interesse solle Deutschland das enorme Plus in der Leistungsbilanz angehen: Zwar sei ein Leistungsbilanzüberschuss für eine Wirtschaft mit einer rasch alternden Bevölkerung normal, “aber nicht in der Höhe, die Deutschland die letzten Jahre erreicht hat”, sagte IWF-Deutschland-Expertin Enrica Detragiache.Der Artikel-IV-Bericht enthält zudem die Empfehlung, Preise sowie Löhne und Gehälter – im Einklang mit dem engen Arbeitsmarkt – zu erhöhen, damit die Inflation im Euroraum insgesamt zunehmen könne. Das robuste Wachstum hierzulande “sollte man in höhere Inflation übersetzen”, sagte Detragiache. Da Deutschland voraussichtlich von der anhaltenden Erholung des Welthandels profitiere, erhöhte der Fonds seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr auf 1,8 (zuvor: 1,6) % und für 2018 auf 1,6 (1,5) %.Die Einschätzung des IWF, dass es der deutschen Wirtschaft sehr gut gehe, stützen auch die ebenfalls am Freitag veröffentlichten Produktionsdaten. So hat das produzierende Gewerbe den Output im Mai stärker ausgeweitet als erwartet. Und dies, obwohl die Auftragseingänge wie schon im Monat zuvor schwächer als prognostiziert ausgefallen waren. Hauptimpulsgeber des fünften Anstiegs in Folge war erneut ein kräftiger Zuwachs im Energiesektor, aber auch ein Plus bei der Industrie im engeren Sinne. Ökonomen werten die Daten als Beleg, dass sich die harten Daten den starken Stimmungsindikatoren wie dem Einkaufsmanagerindex oder dem Ifo-Geschäftsklimaindex annähern. Die Industrie dürfte demzufolge dem Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal einen kräftigen Schub verpassen – eine weitere Wachstumsbeschleunigung werde allerdings nicht angedeutet, sind sich die Bankvolkswirte einig.Vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zufolge lag der Output preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigt 1,2 % über dem Niveau des Vormonats. Ökonomen hatten nur ein Plus von 0,2 % auf der Rechnung. Allerdings wurde der Zuwachs von April auf 0,7 (zuvor 0,8) % nach unten revidiert. Im Jahresvergleich stieg der Ausstoß um 5,0 % nach + 2,8 % im April.Im Monatsvergleich gab es zwei Wachstumstreiber: die Industrie im engeren Sinne (+ 1,3 %) sowie den Energiesektor (+ 2,9 %), der den dritten aufeinanderfolgenden Anstieg verzeichnete. Die Bauproduktion ging hingegen um 1,0 % zurück. Die Entwicklung bei den Investitionsgütern (+ 2,6 %) ist für Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, ein Indiz, das eine weitergehende Investitionsbelebung im zweiten Halbjahr nahelegt. Für ihn sieht es nach der dynamischen ersten Jahreshälfte so aus, als würden sich die zyklischen Auftriebskräfte festigen. Daher sei die Prognose für das Wirtschaftswachstum von 1,4 % auf 1,6 % angehoben worden. Für das zweite Vierteljahr erwartet Krüger gar einen Vorquartalszuwachs von 2 % – ein derart gutes Halbjahr habe es bei der Produktion seit sechs Jahren nicht mehr gegeben.Dass die Produktion im Mai den durchschnittlichen Output des ersten Quartals um 2,5 % überschritten habe, deute darauf hin, “dass das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal auch von Produktionsseite gestützt wird”, sagte Stefan Kipar von der BayernLB. Der Aufschwung in Deutschland habe sich verfestigt und ein gesunder Konjunkturoptimismus sei durchaus gerechtfertigt. Allerdings begrenze der nur moderate Auftragseingang der Industrie das weitere Aufwärtspotenzial.