VON DER IWF-FRÜHJAHRSTAGUNG

IWF fordert höhere Löhne in Deutschland

Chefökonom stellt sich hinter umstrittenen EZB-Kurs

IWF fordert höhere Löhne in Deutschland

Von Mark Schrörs, zzt. WashingtonIWF-Chefvolkswirt Maurice Obstfeld hat für stärkere Lohnsteigerungen in Deutschland plädiert. “Wir glauben, dass es Raum für höhere Löhne in Deutschland gibt”, sagte Obstfeld der Börsen-Zeitung und anderen ausgewählten deutschen Zeitungen am Rande der IWF-Frühjahrstagung am Wochenende in Washington: “Lohnerhöhungen wären positiv für die deutschen Arbeitnehmer und sie würden dazu beitragen, die Ungleichgewichte im Euroraum zu reduzieren”, so Obstfeld.Mit seinen Aussagen heizt der Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF) die Diskussion in der aktuellen Lohn- und Tarifrunde an. Unlängst hatte sich auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger für höhere Lohnsteigerungen ausgesprochen. Im Interview der Börsen-Zeitung begründete er das auch damit, dass es der Europäischen Zentralbank (EZB) so leichter fallen würde, ihr Inflationsziel von knapp 2 % zu erreichen (vgl. BZ vom 1. April).Mit Blick auf den hohen deutschen Leistungsbilanzüberschuss sagte Obstfeld, es wäre “klüger”, das Geld in sinnvolle Infrastruktur zu investieren als im Ausland. Vor allem auch in Richtung Deutschland sagte er, dass die Tatsache, dass die jüngste Krise zum Teil durch eine hohe Verschuldung ausgelöst worden sei, dazu führe, dass nicht überall, wo fiskalischer Spielraum bestehe, dieser genutzt werde. Seine Sorge sei, dass es zur “Obsession” werde, nur auf den Schuldenstand zu schauen und dann falsch zu kalkulieren: “Wenn eine Regierung im Umfeld der extrem niedrigen Zinsen sich Geld leiht, um in produktive Infrastruktur zu investieren, kann das die Schuldenstände stabilisieren, weil auch das Bruttoinlandsprodukt steigt.”Entschieden stellte sich Obstfeld hinter die EZB, die in Deutschland unter Beschuss steht. “Es gibt immer noch das Risiko einer Deflation in der Eurozone. Der Kampf ist noch nicht gewonnen.” Die EZB habe “mit aggressiven Maßnahmen” gegengesteuert. “Es gibt Raum, mehr zu tun, wenn die Inflationserwartungen weiter sinken sollten”, sagte er. Das Problem sei, dass die Geldpolitik alles schultern müsse. Das habe negative Nebeneffekte etwa auf die Profitabilität der Banken und Versicherer. Obstfeld: “Es braucht mehr Unterstützung von der Fiskalpolitik.”