Geldpolitik

IWF rät EZB zu weiterer Zinsstraffung

Die EZB wird aller Voraussicht nach nächste Woche die Leitzinsen erneut anheben. Umstritten ist, wie es danach weiter geht. Der IWF hat dazu eine klare Meinung.

IWF rät EZB zu weiterer Zinsstraffung

Eine Woche vor der wichtigen EZB-Zinssitzung am 27. Juli hat der Internationale Währungsfonds (IWF) klargemacht, dass aus seiner Sicht die Eindämmung der weiter viel zu hohen Inflation nach wie vor die Top-Priorität sein muss – trotz der Abschwächung der Euro-Wirtschaft. Der IWF plädiert deshalb in seinem am Mittwoch veröffentlichten Artikel-IV-Bericht zur Eurozone für eine weitere geldpolitische Straffung. Parallel wurde am Mittwoch bekannt, dass der zugrundeliegende Preisdruck im Euroraum im Juni stärker zugenommen hat als zunächst gemeldet. Bundesbankpräsident Joachim Nagel zementierte unterdessen die Erwartung für eine weitere Zinserhöhung nächste Woche.

Knot sorgt für Aufsehen

Der EZB-Rat kommt am kommenden Donnerstag zu seiner letzten Zinssitzung vor der Sommerpause zusammen. Nach dem aggressivsten Zinserhöhungskurs aller Zeiten mit insgesamt 400 Basispunkten Anhebung seit Juli 2022 hat der Rat bereits eine weitere Erhöhung um 25 Basispunkte avisiert. Unklar und umstritten ist aber, wie es darüber hinaus weitergeht. Die Inflation hat sich seit Oktober von 10,6% auf 5,5% fast halbiert, liegt aber immer noch deutlich oberhalb des mittelfristigen EZB-Ziels von 2,0%. Zugleich ist die Euro-Wirtschaft aber im Winter in eine technische Rezession gerutscht. Zuletzt hatten „Falken“ und „Tauben“ öffentlich über Zinserhöhungen über Juli hinaus gerungen. Am Dienstag hatte dann aber der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot als Falke mit Aussagen überrascht, dass Zinserhöhungen nach Juli „allenfalls eine Möglichkeit“ seien (vgl. BZ vom 19. Juli).

Der IWF bezieht in seinem jährlichen Länderbericht nun klar Position. „Die wichtigste kurzfristige Priorität besteht darin, die Inflation rechtzeitig auf den Zielwert zurückzuführen und gleichzeitig die Finanzstabilität zu wahren“, erklärt er darin. Sowohl die Gesamt- als auch die Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) hielten sich hartnäckig. „Eine weitere Straffung der Geldpolitik, die noch einige Zeit beibehalten wird, ist notwendig, um die Inflation auf das Zielniveau zu bringen“, heißt es in dem Bericht weiter. Die „hohe Unsicherheit“ erfordere aber einen flexiblen Ansatz. An den Märkten war zuletzt darauf gewettet worden, dass der Zinsgipfel im September mit 4,0% beim Einlagensatz erreicht werde. Die Aussagen Knots und anderer hatten aber Zweifel an einer weiteren Anhebung im September geschürt.

Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass die Kerninflation im Juni stärker zugenommen hat als in einer ersten Schätzung gemeldet. Eurostat korrigierte seine Schätzung von 5,4% auf 5,5%. Im Vormonat hatte der Wert bei 5,3% gelegen. Er steht derzeit auch bei der EZB im besonderen Fokus, weil er als besserer Indikator für den zugrundeliegenden Preisdruck und damit für die künftige Inflationsentwicklung gilt. Eine ganze Reihe Euro-Notenbanker haben eine klare Trendwende hin zu sinkenden Kernraten als Voraussetzung dafür definiert, den aktuellen Zinserhöhungszyklus zu stoppen.

| Quelle:

Bundesbankpräsident Joachim Nagel bekräftigte derweil am Mittwoch seine Einschätzung, dass die Zinsen zur Bekämpfung der Inflation weiter steigen werden. „Ich gehe davon aus, dass wir die Leitzinsen anheben werden“, sagte Nagel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mit Blick auf die EZB-Sitzung nächste Woche. „Praktisch alle“ würden mit einer Erhöhung um 25 Basispunkte rechnen. „Die Zinsen werden so hoch steigen und so lange auf diesem Niveau bleiben, wie es nötig ist, damit wir die Inflation wieder auf unsere Zielrate von 2% bringen.“ Bisher zeichne sich ab, dass die Inflation im Laufe des Jahres weiter spürbar zurückgehen werde. Das werde sich 2024 fortsetzen. Die Inflation sei aber „ein gieriges Biest“, sagte Nagel weiter. Deshalb wäre es ein Fehler, zu früh bei der Bekämpfung nachzulassen und die Zinsen vorzeitig wieder zu senken.

Laut IWF sollte der Leitzins „das wichtigste geldpolitische Instrument bleiben, das in seiner Wirkung gut verstanden wird und nicht durch eine Obergrenze per se eingeschränkt ist“. Gleichzeitig sollte das Eurosystem seine in den Krisenjahren aufgekauften Anleihebestände weiter abbauen, um seinen Einfluss auf den Finanzmärkten schrittweise und vorhersehbar zu verringern.

IWF rät EZB zu weiterer Zinsstraffung

Währungsfonds sieht Eindämmung der Inflation als wichtigste Priorität – Kernrate im Juni höher als zunächst gemeldet

Der EZB-Rat wird aller Voraussicht nach nächste Woche seine Leitzinsen erneut anheben. Unklar und umstritten ist, wie es danach weitergeht. Der IWF hat eine klare Meinung: Die hartnäckige Inflation erfordert ein entschlossenes Handeln. Neue Inflationsdaten sprechen ebenfalls eher für weiteren Handlungsbedarf.

ms Frankfurt
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.