VOR DER IWF- UND WELTBANK-TAGUNG IN WASHINGTON

IWF warnt Eurozone vor Stillstand

Fonds dringt auf weitere Reformen - Bilanz-TÜV zentral - EZB soll Geldpolitik erneut lockern

IWF warnt Eurozone vor Stillstand

ms Frankfurt – Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Verantwortlichen in der Eurozone vor Selbstzufriedenheit und Reformstillstand gewarnt. Trotz der jüngsten Erholung seien weitere Strukturreformen und vor allem eine starke Bankenunion nötig, um die Region dauerhaft auf einen positiven Pfad zu bringen, heißt es im neuen Weltwirtschaftsausblick. Die Europäische Zentralbank (EZB) forderte der Fonds auf, ihre Geldpolitik trotz des Endes der Rezession weiter zu lockern.Laut IWF hat sich die Lage in den vergangenen Monaten zwar gebessert. Das drückt sich auch darin aus, dass die Wachstumsprognose für die Eurozone 2013 marginal angehoben wurde und für 2014 unverändert ist, während sie für die gesamte Weltwirtschaft gesenkt wurde. Es bestünden aber nach wie vor Abwärtsrisiken. IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard verweist in dem Vorwort des Berichts darauf, dass die Besserung vor allem auch einem “Wechsel in der Stimmung” zu verdanken sei. Diesen Umschwung will der IWF nicht in Gefahr gebracht sehen.Im Frühjahr hat die Eurozone die längste Rezession ihrer Geschichte hinter sich gelassen. Zugleich hat sich seit Mitte 2012 die Lage an den Finanzmärkten gebessert und Sorgen vor einem Auseinanderbrechen der Währungsunion sind weitgehend verschwunden. Zugleich hat sich eine gewisse Reformmüdigkeit breitgemacht – in den einzelnen Ländern und auf Euro-Ebene. Reformmüdigkeit kritisiertDer IWF stemmt sich nun dagegen, dass sich diese Reformmüdigkeit verfestigt. Das Hauptrisiko sei aktuell, dass nun politische Zusagen ins Stocken gerieten. Ohne fundamentale Reformen bestehe “ein hohes Risiko einer Stagnation”, neuer Turbulenzen und eines dauerhaften Verlusts von Wachstumsmöglichkeiten. Nötig sei etwa, die Arbeitsmärkte zu reformieren und Barrieren an den Produkt- und Dienstleistungsmärkten abzubauen.Als eine der zentralen Herausforderungen nannte der Fonds erneut Fortschritte in Richtung einer Bankenunion. Neben der – inzwischen weit gediehenen – zentralen Bankenaufsicht sei auch ein einheitlicher Abwicklungsmechanismus samt zentraler Behörde und einer gemeinsamen fiskalischen Rückfalloption (“backstop”) nötig. Die Bundesbank hatte bereits am Montag Forderungen nach schnellen Fortschritten zurückgewiesen und betont, Gründlichkeit müsse vor Schnelligkeit gehen.Eine besondere Bedeutung kommt laut IWF dem anstehenden Bilanz-TÜV zu. Die EZB will die Banken vor Übernahme der Aufsicht einer Überprüfung unterziehen. Der Test solle eine “glaubwürdige, umfassende, vorwärtsgerichtete und unabhängige Einschätzung” des Kapitalbedarfs der Institute bringen. Nötig sei aber auch ein klarer Plan, wie dieser Bedarf gedeckt werden soll. Als Euro-weiter “backstop” solle der Rettungsfonds ESM genutzt werden.Wenn der Test nicht glaubwürdig sei und es keine Lösung für den Kapitalbedarf gebe, bestehe die Gefahr, dass er die Lage eher verschlimmere denn verbessere, so der IWF. Auch die EZB dringt auf eine rigorose Betrachtung. Einige Euro-Länder bremsen allerdings, weil sie neuen Kapitalbedarf für ihre heimischen Institute fürchten. Vor allem Deutschland lehnt eine gemeinsame Haftung für Altlasten in den Bilanzen ab. “Forward Guidance stärken”Mit Blick auf die Geldpolitik fordert der IWF die EZB zur weiteren Lockerung auf. Die Inflation liege deutlich unterhalb des EZB-Ziels und es gebe Sorgen über disinflationäre oder gar deflationäre Trends. Möglichkeiten seien weitere Zinssenkungen, eine Stärkung der “Forward Guidance” etwa durch einen Langfrist-Tender mit fixem Zinssatz, ein negativer Einlagenzins oder weitere unkonventionelle Maßnahmen. Die EZB hatte sich Anfang des Monats bereits alle Optionen offengehalten, aber keinerlei konkreten Schritte avisiert.