IWF warnt vor Wachstumsschwäche

Lagarde fordert Industrieländer zu Strukturreformen auf und lobt die lockere Geldpolitik der Notenbanken

IWF warnt vor Wachstumsschwäche

Die derzeit günstigen Aussichten für eine globale Erholung dürfen den Blick nicht auf jene Strukturveränderungen verstellen, die langfristig nur noch ein mageres Wachstum zulassen, mahnt IWF-Chefin Christine Lagarde und verlangt grundlegende Reformen. Zudem sollten die Industrieländer ihre geld- und fiskalpolitischen Spielräume ausnutzen.det Washington – Die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, befürchtet eine sukzessive Abflachung des Weltwirtschaftswachstums. In ihrer Ansprache vor dem Atlantic Council hob sie hervor, dass die robuste Erholung der US-Wirtschaft und der Ölpreisverfall bislang zwar eine globale Erholung ermöglicht hätten. Doch sei der Aufschwung “nur moderat und uneben”, beklagt sie.Sie führt das auf eine gewisse Reformmüdigkeit zurück. Deshalb sei eine Steigerung der mittelfristigen Wachstumspotenziale nur durch Strukturreformen möglich. So kritisiert der IWF in der Eurozone und in Japan zu viele steuerliche Hürden, die Menschen von einer Beschäftigung abhalten. Auch der Kapitalzugang kleinerer und mittlerer Firmen zu Geld sei nicht gesichert.Ohne im Vorfeld des IWF Weltwirtschaftsausblicks (WEO) konkrete Zahlen zu nennen, sagte Lagarde, dass 2015 mit einem vergleichbaren Wachstum wie im vergangenen Jahr zu rechnen sei, als die globale Wirtschaftsleistung um 3,4 % zugenommen hatte. IWF-Chefin Lagarde warnte vor einer Verfestigung des aktuell eher schwachen Wachstums: “Heute müssen wir verhindern, dass das neue Mittelmaß zur neuen Realität wird.” Großbritannien als Vorbild?Als positiv hob Lagarde das stärkere Wachstum in Großbritannien und die etwas günstigeren Aussichten für die Eurozone hervor. Sie begrüßte die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und betonte, dass sowohl in Europa als auch in Japan die Notenbanken auch weiterhin daran festhalten müssten. Gleichzeitig warnte sie, dass die historisch niedrigen Zinsen die Anleger zu riskantem Verhalten verführten und dies zu Preisverzerrungen führen könne. Zudem müssten fiskalpolitische Spielräume ausgenutzt werden, ohne dass die Politik dabei die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen aus den Augen verliere. In Europa gelte es vor allem, ein Rahmenwerk zu schaffen, um mit den 900 Mrd. Dollar an Problemkrediten fertig zu werden, welche die Kreditkanäle blockierten und zu Finanzierungsengpässen führen würden.Als Besorgnis erregend bezeichnete Lagarde die Unausgewogenheit der konjunkturellen Erholung. So würden speziell die Schwellen- und Entwicklungsländer unter dem niedrigen Ölpreis leiden. Während aber Indien wie die Länder der Subsahara-Region kräftig wachsen und China einen etwas schwächeren aber tragfähigen Kurs steuere, habe Russland nicht zuletzt wegen der Sanktionen mit Problemen zu kämpfen.Das niedrige Potenzialwachstum sowohl in den Industrienationen als auch den Schwellen- und Industrieländern deutet nach Meinung Lagardes darauf hin, dass auch mittelfristig nur ein moderates Wirtschaftswachstum zu erwarten sei, was die Notwendigkeit von Strukturreformen unterstreiche. Mit Infrastrukturinvestitionen könnte kurzfristig verhindert werden, “dass Mittelmaß die neue Realität wird”. Auch müssten die Finanzmarktreformen komplettiert werden. Längerfristig angelegte Programme sollten nach Darstellung der IWF-Direktorin auf Reformen der Arbeits- und Produktmärkte sowie eine weitere Handelsliberalisierung abzielen.