Japan öffnet Geldschleusen - EZB hält sich zurück

Bank of Japan vollzieht Regimewechsel - Draghi skeptischer für Euro-Wirtschaft

Japan öffnet Geldschleusen - EZB hält sich zurück

ms/kra/mf Frankfurt/Tokio – Die geldpolitische Kluft zwischen Europa und Japan wächst: Die Bank of Japan kündigte am Donnerstag ein ganzes Bündel von Maßnahmen an, um zusätzliches Geld in die Wirtschaft des Landes zu pumpen, und verstärkte damit ihre ohnehin sehr lockere Politik noch einmal erheblich. Sie ging sogar weiter als von vielen Experten zuletzt erwartet. Die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England entschieden dagegen, ihren aktuellen expansiven Kurs vorerst beizubehalten und den kriselnden Wirtschaften zunächst keine neuen Impulse zu geben.Die Bank of Japan trete “in quantitativer und qualitativer Hinsicht in eine neue Phase der geldpolitischen Lockerung” ein, teilten die Währungshüter um den neuen Gouverneur Haruhiko Kuroda mit. Das erst im Januar festgelegte Inflationsziel von 2 % wollen sie so schnell wie möglich, aber in jedem Fall binnen zwei Jahren erreichen. Japan steckt seit Jahren in der Deflation, die Wirtschaft ist dadurch gelähmt.Zum neuen Maßstab für die Geldpolitik macht die Bank of Japan die Geldbasis, also die Summe aus umlaufendem Papiergeld und den Einlagen der Geschäftsbanken bei der Notenbank. Sie soll bis Ende 2014 von 138 Bill. Yen auf 270 Bill. Yen (2,2 Bill. Euro) aufgestockt werden. Dazu will die Notenbank ihr Portfolio an Staatsanleihen und börsennotierten Fonds verdoppeln. Kuroda stellte klar, dass er damit sein Pulver noch nicht verschossen habe. Soweit nötig, werde er die Geldpolitik anpassen. Den Leitzins hat die Notenbank bereits auf 0 bis 0,1 % gesenkt. Börse in Tokio feiertDie EZB verzichtete dagegen am Donnerstag darauf, ihren Leitzins von 0,75 % nochmals zu verringern oder andere unkonventionelle Maßnahmen anzukündigen, um die Wirtschaft zu stimulieren. EZB-Präsident Mario Draghi sagte, es habe eine “intensive Diskussion” im Rat gegeben. Am Ende sei es aber alles in allem Konsens gewesen, die Zinsen nicht anzufassen. Er untermauerte aber seine frühere Aussage, dass die Geldpolitik “so lange wie nötig” konjunkturstimulierend bleiben werde.Draghi äußerte sich skeptischer zur Wirtschaftslage als noch Anfang März. Die konjunkturelle Schwäche habe Anfang 2013 angehalten, und im zweiten Halbjahr gebe es allenfalls eine “allmähliche Erholung”. Zudem betonte er “Abwärtsrisiken” für diesen Ausblick. Die EZB werde die weitere Entwicklung “sehr genau” verfolgen, und sie stehe bereit, wenn nötig zu handeln. “Die EZB hält sich alle Optionen offen”, sagte Elga Bartsch, Europa-Chefvolkswirtin bei Morgan Stanley.Die Börse in Tokio profitierte spürbar vom Kurswechsel der japanischen Notenbank. Der Leitindex Nikkei 225, der vor der Veröffentlichung der Zentralbankbeschlüsse noch in der Verlustzone notiert hatte, zog letztlich um 2,2 % auf 12 635 Yen an. Darin spiegelte sich die Hoffnung auf eine konjunkturelle Belebung, aber auch die erneute Talfahrt des Yen gegenüber dem Dollar, die sich positiv auf die Marktchancen der japanischen Exportwirtschaft auswirkt. Im asiatischen Handel notierte der Dollar in der Spitze bei 95,67 Yen, später rückte er bereits deutlich über 96 Yen vor und erreichte somit das höchste Niveau seit einem Monat. Die Renditen japanischer Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit fielen derweil auf das Rekordtief von 0,425 %.Die Aussagen Draghis nahmen Europas Aktienmärkte mit Enttäuschung auf. Analysten begründeten dies damit, dass die Notenbank zwar die konjunkturellen Risiken herausgestellt habe, zugleich aber auf ein deutliches Signal für einen bevorstehenden weiteren Zinsschritt verzichtete. Die Notierungen rutschten deshalb im Nachmittagshandel deutlich ab, zumal wöchentliche Daten vom US-Arbeitsmarkt enttäuschten und das Sentiment zusätzlich belasteten. Heute steht schließlich der monatliche Arbeitsmarktbericht zur Veröffentlichung an. Der Dax verlor 0,7 % auf 7 817 Punkte, der Euro Stoxx 50 gab um 0,7 % auf 2 621 Zähler nach.Eine klar negative Reaktion zeigte zunächst auch der Euro, als er um mehr als einen halben Cent bis auf 1,2745 Dollar absackte. Abends stieß der Kurs dann aber bis auf 1,2930 Dollar vor. Grund dafür war, dass EZB-Chef Draghi den Euro als “gewaltig unterschätzt” bezeichnet hatte. Vor diesem Hintergrund fand es am Devisenmarkt auch größeres Gehör, dass die Notenbank erneut betonte, alles zum Erhalt der Eurozone zu tun.—– Nebenstehender Kommentar- Schwerpunkt Seite 7- Wertberichtigt Seite 8- Devisenmarkt Seite 18