Japan rutscht in die Rezession

Nächste Stufe der Steuererhöhung dürfte verschoben werden - Neuwahl und Konjunkturpaket in Sicht

Japan rutscht in die Rezession

Japan ist im dritten Quartal überraschend in die Rezession gerutscht. Es wird erwartet, dass Premierminister Shinzo Abe nun das Unterhaus auflöst, Neuwahlen ansetzt und die Japaner über eine Verschiebung der nächsten Erhöhung der Verbrauchsteuer abstimmen lässt.mf Tokio – Die japanische Wirtschaft ist das zweite Vierteljahr hintereinander geschrumpft und damit in eine Rezession gerutscht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt sank zwischen Juli und September um 0,4 % zum Vorquartal bzw. mit einer Jahresrate von 1,6 %. Im zweiten Quartal war das BIP um annualisiert 7,3 % geschrumpft. Es ist die dritte Rezession innerhalb von vier Jahren. Anleger hatten damit nicht gerechnet: Der Nikkei fiel 3 %. Premierminister Shinzo Abe dürfte nun die nächste Erhöhung der Verbrauchsteuer verschieben und das Parlament auflösen. Zudem wird ein Konjunkturpaket von mehreren Billionen Yen (je 7 Mrd. Euro) für ärmere Japaner erwartet, die am meisten unter Inflation und Steuerplus leiden.Der Konjunktureinbruch wurde durch die Anhebung der Verbrauchsteuer um drei Punkte auf 8 % im April ausgelöst. Firmen und Verbraucher haben größere Anschaffungen wie Maschinen, Autos und Wohnhäuser vorher getätigt und nachher länger als erwartet geknausert. Denn die lockere Geldpolitik hat über die Abwertung des Yen Inflation nach Japan importiert. Damit hielten Löhne und Gehälter nicht Schritt. Das Ergebnis waren sinkende Realeinkommen. Im zweiten Quartal gaben die Konsumenten daher 5 % weniger aus. Die Erholung des Privatkonsums im vergangenen Quartal von 0,4 % fiel nur schwach aus. Das Wachstum der Exporte um 1,3 % konnte dies nicht wettmachen, zumal auch die Importe zulegten. Die Unternehmen blieben ähnlich vorsichtig: Ihre Kapitalausgaben sanken um 0,2 %. Hauptverantwortlich für den BIP-Rückgang war ein Abbau der Lagerbestände. Diese schwer zu schätzende Größe war auch der Grund, warum alle Analysten mit ihrer Vorhersage von Wachstum für das dritte Quartal danebengelegen hatten.Die Rezession wird in Japan als schwerer Rückschlag für die Wirtschaftspolitik von Regierungschef Abe wahrgenommen. Die “Abenomics” genannte Politik setzt auf eine expansive Geld- und Fiskalpolitik sowie Strukturreformen. Die Steuererhöhung widersprach diesem Ansatz, doch Japan hatte sich bei einem G 7-Gipfel verpflichtet, durch steuerliche Mehreinnahmen seine Neuverschuldung zu verringern. Dagegen hatte der US-Ökonom Paul Krugman gewarnt, das Steuerplus erhöhe das Gewicht der “Rakete Abenomics”. Der Ökonom Koichi Hamada räumte in Tokio ein, Abenomics sehe nicht mehr so solide aus, weil man das Wachstum beeinträchtigt habe. Hamada gehört zu den Erfindern dieser Reflationspolitik.Japanischen Medienberichten zufolge wird Premier Abe am Dienstag eine Verschiebung der zweiten Steuerstufe verkünden. Die nächste Anhebung um weitere 2 Prozentpunkte auf 10 % wird nun voraussichtlich erst im April 2017 erfolgen. Bisher war sie für Oktober 2015 vorgesehen. Außerdem will Abe das Unterhaus auflösen und die Japaner am 14. Dezember vorzeitig neu wählen lassen. Dabei sollen die Wähler über die Verschiebung der Steuermaßnahme abstimmen. Bei einem Wahlsieg könnte der 60-jährige Politiker, der im Dezember 2012 gewählt wurde, bis Ende 2018 regieren – so lange wie kein japanischer Regierungschef nach dem Krieg. Damit würde er sich Zeit und Luft für Strukturreformen verschaffen. Vor allem will er jedoch seine Liberaldemokratische Partei hinter sich bringen.