Japans Konjunktur droht Überhitzung

Arbeitskräftemangel verschärft sich - Konsum enttäuscht - Lohnwachstum bleibt hinter Inflation zurück

Japans Konjunktur droht Überhitzung

mf Tokio – Der Konjunkturhimmel in Japan bleibt weitgehend ungetrübt. Der Einkaufsmanagerindex für die Industrie von Nikkei-Markit für November stieg um 0,8 Punkte zum Vormonat auf 53,6. Das war der stärkste Anstieg seit März 2014. Auch die Auftragsbücher füllen sich so schnell wie zuletzt vor 44 Monaten. Zugleich ist im vergangenen Quartal die Output-Lücke zwischen der potenziellen und tatsächlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Punkte auf plus 0,5 % gewachsen. Zudem steigerten die Unternehmen ihre Kapitalausgaben (ohne Software) um 4,3 % zum Vorjahr. “Japans Volkswirtschaft befindet sich auf dem Überhitzungspfad”, kommentierte Ökonom Takuji Okubo von Japan Macro Advisors. Die zunehmende Output-Lücke sei ein Grund, warum die Notenbank ihr Inflationsziel von 2 % in Reichweite kommen sehe.Die Überhitzungsgefahr zeigt sich am deutlichsten am Arbeitsmarkt. Das Verhältnis zwischen offenen Stellen und Bewerbern stieg im Oktober von 1,52 im Vormonat auf 1,55. Das war der höchste Wert seit September 1974. Die Quote von neuen Stellen je Bewerber stieg um 0,1 Punkte auf 2,36 – so hoch wie zuletzt 1966. Die Arbeitslosenquote verharrte bei 2,8 %. Der verschärfte Mangel an Arbeitskräften ergibt sich aus der wachsenden Auslandsnachfrage durch den Wirtschaftsaufschwung und einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung. 2017 wird die Zahl der Erwerbstätigen um 0,8 Millionen fallen. Das zwingt die Unternehmen, vermehrt Festanstellungen statt Zeitverträge anzubieten. Daher ist der Anteil der Zeitarbeiter seit dem Frühjahr erstmals seit den neunziger Jahren rückläufig. Nach Ansicht vieler Analysten sollten im nächsten Schritt die Löhne steigen und dabei die Inflation antreiben.Jedoch war im Oktober von diesem Effekt noch nichts zu sehen. Die Verbraucherpreise stiegen in der Kernrate (ohne frische Lebensmittel) wie im Vormonat um 0,8 % zum Vorjahr. Rechnet man die Energiepreise heraus, ergibt sich wie im Vormonat ein Plus von 0,2 %. An dieser schwachen Inflation dürfte sich wenig ändern, solange der Konsum weiter schwächelt. Im abgelaufenen Vierteljahr war der private Verbrauch bereits um 0,5 % zum Vorquartal gesunken. Im Oktober setzte sich der Trend fort: Die Haushalte gaben real 1,8 % weniger als im Vormonat aus. Gegenüber dem Vorjahr stagnierten die Ausgaben.Dazu passte, dass die Umsätze im Einzelhandel um 0,2 % zum Vorjahr erstmals seit zwölf Monaten zurückgingen. Die Einnahmen der Kaufhäuser und Supermärkte sanken um 0,7 %. Ein Grund für den schwachen Konsum könnte das Wetter gewesen sein. Im Sommerquartal sollen die vielen Regentage im Juli das Geschäft der Einzelhändler getrübt haben. Im Oktober könnte es aufgrund mehrerer Taifune einen ähnlich negativen Einfluss gegeben haben.Doch viele Analysten trauen dieser Erklärung nicht. Japan Macro Advisors zum Beispiel verweist darauf, dass die Umsätze im Einzelhandel bereits seit März stagnieren. Ein anderes Argument scheint daher schlüssiger zu sein: Ohne höhere Löhne werden die Japaner nicht mehr konsumieren. Das Lohnwachstum in diesem Jahr konnte jedoch teilweise nicht einmal die Inflation ausgleichen. Daher halten sich die Konsumenten wohl zurück.