Juncker fordert Erweiterung der Währungsunion

Reformvorschläge für Eurozone für Anfang Dezember angekündigt - EU soll einen Wirtschafts- und Finanzminister erhalten

Juncker fordert Erweiterung der Währungsunion

Der Euro sollte nach Ansicht von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die einheitliche Währung der gesamten EU werden. Er plädierte in seiner jährlichen Rede zur “Lage der Union” für eine Erweiterung der Währungsunion um sechs Staaten. Zugleich schlug er die Schaffung eines europäischen Wirtschafts- und Finanzministers und einer Eurozonen-Budgetlinie vor. Konkrete Gesetzespakete zur Vertiefung der Währungsunion kommen Anfang Dezember.ahe Brüssel – EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat eine Erweiterung der Wirtschafts- und Währungsunion um sechs weitere Staaten gefordert. “Wenn wir wollen, dass der Euro unseren Kontinent mehr eint als spaltet, dann sollte er mehr sein als die Währung einer ausgewählten Ländergruppe”, sagte er in seiner Rede zur “Lage der Union” vor dem EU-Parlament in Straßburg. Der Euro sei dazu bestimmt, die einheitliche Währung der Europäischen Union als Ganzes zu sein. Alle außer zwei Mitgliedstaaten seien “verpflichtet und berechtigt, dem Euroraum beizutreten, sobald sie alle Bedingungen erfüllen”, sagte Juncker.Laut Angaben der EU-Kommission sind diese beiden Länder Dänemark und Bulgarien, deren Landeswährungen aber an den Euro gekoppelt seien. Als künftige Mitglieder des gemeinsamen Währungsgebiets wurden Polen, Tschechien, Kroatien, Ungarn, Rumänien und Schweden bezeichnet. Juncker verwies in seiner Rede darauf, dass EU-Staaten, die dem Euroraum beitreten wollten, dies auch tun können müssten. Deshalb schlage er die Schaffung eines “Euro-Beitrittsinstrumentes” vor, das diesen Ländern technische, manchmal auch finanzielle Heranführungshilfen biete. Details zu diesem neuen Instrument nannte er nicht.Junckers Plädoyer für eine Erweiterung der Eurozone erhielt im EU-Parlament nicht nur Beifall. Verschiedene Abgeordnete erinnerten daran, dass es bei klaren Beitrittskriterien für die Währungsunion bleiben müsse. “Solange die Kandidatenländer diese Kriterien nicht erfüllen, darf der Beitritt nicht per politischem Dekret erzwungen werden”, warnte etwa Markus Ferber von der CSU. Das Beispiel Griechenlands habe gezeigt, was passieren könne, “wenn man im politischen Übereifer die wirtschaftlichen Realitäten” ignoriere und einem Euro-Beitritt leichtfertig grünes Licht gebe.Am 6. Dezember will die EU-Kommission zahlreiche konkrete Vorschläge für eine Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion vorlegen. Dazu gehört nach Angaben von Juncker auch ein schrittweiser Ausbau des Eurorettungsschirms ESM zu einem europäischen Währungsfonds. Dieser soll dann aber “fest in der EU verankert” sein und einem künftigen europäischen Wirtschafts- und Finanzminister unterstellt sein. Nach Meinung von Juncker geht es hier nicht um ein neues Amt, sondern um einen Ausbau der Kompetenzen des für Wirtschaft und Finanzen zuständigen EU-Kommissars, der idealerweise Vizepräsident der Europäischen Kommission, aber auf jeden Fall in Personalunion auch der Vorsitzende der Eurogruppe sein sollte.Rechenschaftspflichtig wäre der europäische Wirtschafts- und Finanzminister dann dem EU-Parlament. “Ich kann der Idee eines gesonderten Euro-Parlaments wenig Reiz abgewinnen”, sagte Juncker. Der neue Minister solle in seinem Amt Strukturreformen in den Mitgliedstaaten fördern, wobei er auf eine bereits 2015 gegründete Sondereinheit zur Unterstützung von Reformen zurückgreifen könne. Er solle darüber hinaus alle EU-Finanzierungsinstrumente koordinieren, die in Bewegung gebracht werden müssten, wenn ein Mitgliedstaat von einer Rezession oder einer Fundamentalkrise betroffen sei. Eigene Budgetlinie angeregtDer europäische Finanzminister sollte nach Ansicht von Juncker keinen separaten Euro-Haushalt, sondern lediglich eine “starke Eurozonen-Budgetlinie im Rahmen des EU-Haushalts” verwalten dürfen. “Wir brauchen keine Parallelstrukturen”, betonte der Luxemburger. Diese Budgetlinie soll ebenfalls Teil des Gesetzespakets sein, das die Brüsseler Behörde Anfang Dezember vorlegen will. Sie soll den Angaben zufolge Strukturreformen unterstützen, eine Stabilisierungsfunktion in Krisenzeiten haben, für die Letztsicherung der Bankenunion dienen und außerdem noch Hilfen für EU-Staaten auf dem Weg in die Währungsunion bereitstellen.Positive Reaktionen zur angestrebten Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion kamen unter anderem von der Europa-SPD. Deren Vorsitzender Jens Geier forderte eine “Wirtschaftsregierung und ein gemeinsames Finanzbudget für den Euroraum”. Der europäische Wirtschafts- und Finanzminister müsse dafür sorgen, dass die europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik zum Nutzen aller abgestimmt und optimiert werde.Juncker plädierte dafür, dass alle EU-Mitgliedstaaten ermutigt werden sollten, der Bankenunion beizutreten, die aber zugleich “unverzüglich” vollendet werden müsse. Der EU-Kommissionspräsident räumte allerdings auch ganz klar ein, dass es “Vorbedingungen” für die weitere Risikoteilung gebe, die erfüllt sein müssten. “Eine gemeinsame Einlagensicherung kann es nur dann geben, wenn jeder seine nationalen Hausaufgaben erledigt.”Juncker plädierte in seiner Rede für mehr Entscheidungen in Binnenmarktfragen mit qualifizierter Mehrheit. Hierzu seien keine Änderungen der EU-Verträge nötig, sondern nur die Nutzung von sogenannten Brückenklauseln in den Verträgen. Dies gelte auch für Steuerfragen, betonte der Luxemburger.Juncker schlug im Einzelnen vor, bei den anstehenden Beschlüssen über die gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (CCCTB), über neue Mehrwertsteuerregeln, über eine faire Besteuerung der Digitalwirtschaft und über die seit Jahren strittige Finanztransaktionssteuer, die eigentlich alle die Einstimmigkeit aller EU-Staaten voraussetzen, die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit einzuführen. “Europa muss schneller und effizienter entscheiden können”, so Juncker.