Finanzamtszins

Kabinett billigt Senkung auf 1,8%

Der hohe Nachzahlungszins auf Steuern war schon lang ein Ärgernis. Nun hat das Bundeskabinett auf Druck des Verfassungsgerichts eine Novelle beschlossen.

Kabinett billigt Senkung auf 1,8%

wf Berlin

Finanzämter sollen künftig niedrigere Zinsen bei Steuernachzahlungen und Steuererstattungen berechnen. Der in der Niedrigzinsphase überhöhte Satz von 6% im Jahr soll rückwirkend zum Jahresbeginn 2019 auf 1,8% sinken. Dies entspricht 0,15% im Monat. Das Bundeskabinett in Berlin beschloss den Regierungsentwurf zu einer entsprechenden Änderung der Abgabenordnung. Der Bundestag, vor allem aber die Bundesländer, müssen der Gesetzesnovelle zustimmen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte, mit dem neuen Zinssatz „tragen wir dem derzeitigen Niedrigzinsniveau Rechnung“. Die praktische Anwendbarkeit bliebe erhalten. Bürger, Unternehmen und auch die Finanzbehörden könnten sich auf Rechts- und Planungssicherheit verlassen. „Mit der Evaluierungsklausel sorgen wir dafür, dass der Zinssatz auch zukünftig angemessen bleibt“, betonte Lindner. Dem Regierungsentwurf zufolge ist der Zinssatz alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume auf Angemessenheit zu evaluieren, damit erstmals zum 1.1.2026. Berücksichtigt werde dabei die Entwicklung des Basiszinssatzes. Einen sogenannten „Tarif auf Rädern“, der sich automatisch mit Schwankungen des Basiszinssatzes der Notenbank ändert, wird es damit nicht geben. Die Länder lehnen eine solche Regelung überwiegend ab. Sie sind auch von den Steuerausfällen betroffen und müssen dem Entwurf im Bundesrat zustimmen.

Hohe Steuerausfälle

Die Neuregelung gilt für alle Steuerarten, auf die die Vollverzinsung anzuwenden ist, teilte das Bundesfinanzministerium mit. Der Erlass von Nachzahlungszinsen auf Zahlungen, die vor Fälligkeit freiwillig geleisteten wurden, werde im Gesetz verankert und erstrecke sich damit auch auf die von Kommunen verwaltete Gewerbesteuer. Für 2022 rechnet das Ministerium mit Steuerausfällen von 2,46 Mrd. Euro. Bund, Länder und Gemeinden sind ungefähr in gleicher Höhe betroffen. Für 2023 sind die Steuerausfälle nur noch mit 530 Mill. Euro angesetzt. Von 2025 an dürfte sich der Saldo der Steuerausfälle bei rund 800 Mill. Euro im Jahr einpendeln.

Besonders die deutsche Wirtschaft hatte den überhöhten Zinssatz vielfach kritisiert. Die Unternehmen hängen oft von Betriebsprüfern ab, die erst Jahre später die Bücher unter die Lupe nehmen. Dann machten die aufgelaufenen Zinsen einen beträchtlichen Teil der Nachzahlung aus. Im Sommer 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht den Zinssatz für verfassungswidrig erklärt. Diese richterliche Feststellung betraf zwar schon das Jahr 2013, die Richter gestatten aber die Anwendung bis 2018. Die Neuregelung muss bis Ende Juli 2022 in Kraft treten.

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