Karlsruhe erlaubt EU-Wiederaufbaufonds
ahe Brüssel
Der milliardenschwere, schuldenfinanzierte Corona-Wiederaufbaufonds der EU verstößt nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht gegen das Grundgesetz. Der Zweite Senat des höchsten deutschen Gerichts wies am Dienstag zwei Verfassungsbeschwerden gegen eine deutsche Beteiligung an dem Hilfsfonds und den sogenannten Eigenmittelbeschluss aus dem Jahr 2020 zurück. Dieser stelle „keine offensichtliche Überschreitung des geltenden Integrationsprogramms der Europäischen Union dar“ und beeinträchtige auch nicht die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages, erklärte das Gericht. Einer Vorlage an den Gerichtshof der EU habe es nicht bedurft.
Die Karlsruher Richter hatten im April 2021 bereits eine deutsche Beteiligung an dem Wiederaufbaufonds, der auch unter dem Namen „Next Generation EU“ läuft, im Eilverfahren ermöglicht. Beschwerde hatten der frühere AfD-Chef Bernd Lucke sowie der Unternehmer Heinrich Weiß eingelegt, die unter anderem darauf hinwiesen, dass laut EU-Verträgen eine Schuldenübernahme ausgeschlossen sei. Nach Ansicht von Lucke hat das Verfassungsgericht bei seinem Urteil jetzt mögliche Folgen nicht ausreichend berücksichtigt. „Wir glauben, dass der Senat da viel zu nachgiebig ist und in gewisser Hinsicht zu naiv ist gegenüber dem Gestaltungswillen der Europäischen Union, die EU zu einer Transferunion auszubauen“, erklärte er.
Die Zurückweisung ihrer Beschwerden folgte nun aber deutlich mit 6:1 Stimmen. Lediglich ein Richter gab ein Sondervotum ab und bezeichnete das Urteil als „nicht nachvollziehbar“. Der Wiederaufbaufonds, den die EU-Staats- und Regierungschefs im Juli 2020 beschlossen hatten, umfasst bis zu 750 Mrd. Euro, die als Darlehen und nicht rückzahlbare Zuschüsse an die EU-Länder ausgegeben werden. Union, SPD, Grüne und FDP hatten dem im März 2021 zugestimmt. Die Auszahlung begann im Juni 2021.
Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist das Urteil eine gute Nachricht für die wirtschaftliche Erholung in Europa nach der Pandemie. Der parlamentarische Staatssekretär Florian Toncar (FDP) versicherte zugleich in Karlsruhe, „Next Generation EU“ werde keine Blaupause für zukünftige Maßnahmen sein und bleibe ein pandemiebezogenes und einmaliges Instrument.
Dies sieht unter anderem der finanzpolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Rasmus Andresen, anders. Er erklärte, die Karlsruher Richter hätten keinen Zweifel daran gelassen, dass sämtliche politischen Bedenken gegen den Wiederaufbaufonds juristisch nicht haltbar seien. „Aus dem Urteil wird deutlich, dass auch für zukünftige Krisen ähnliche Maßnahmen beschlossen werden können.“