Keine Verständigung in Corona-Bonds-Debatte

Eurogruppe berät heute alternativ über Drei-Säulen-Finanzpaket - Kaum Auflagen bei ESM-Krediten

Keine Verständigung in Corona-Bonds-Debatte

ahe Brüssel – Trotz eines sich abzeichnenden Kompromisspakets über europäische Finanzhilfen geht die Debatte über Corona-Bonds mit unverminderter Wucht weiter. Auch nach dreistündigen Beratungen der Eurogruppen-Arbeitsgruppe Euro Working Group (EWG) zeichnete sich nach Informationen der Börsen-Zeitung keinerlei Verständigung für die gemeinsame Ausgabe von Anleihen zur Bewältigung der Coronakrise ab. Offenbar gab es aber weitere Annäherungen bei dem auf dem Tisch liegenden Drei-Säulen-Finanzpaket, über das heute die Eurogruppe in einer Videokonferenz berät.Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Außenminister Heiko Maas (beide SPD) hatten sich zuvor in einem gemeinsamen Gastbeitrag für mehrere europäische Zeitungen für das Drei-Säulen-Modell starkgemacht, das Kreditlinien des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), einen paneuropäischen Garantiefonds der Europäischen Investitionsbank (EIB) und Kredite der EU-Kommission für Kurzarbeiterprogramme umfasst (vgl. BZ vom 3. April). Scholz bekräftigte gestern in Berlin, allein die ESM-Gelder, die die Euro-Länder gemeinsam und zu den gleichen günstigen Konditionen aufnähmen, bedeuteten für Italien 39 Mrd. Euro an frischem Geld und für Spanien 28 Mrd. Euro.In der umstrittenen Frage der Auflagen für die ESM-Kredite könnte es laut Scholz lediglich die Bedingung geben, dass das Geld für das Gesundheitssystem sowie wirtschaftliche und soziale Folgen der Coronakrise genutzt werden dürfe. Es werde aber keine Vorschriften für die künftige Wirtschaftspolitik geben, auch keine Überwachung wie in der Griechenland-Schuldenkrise durch eine sogenannte Troika. Gutachten zu ESM-GeldernDass eine ESM-Kreditvergabe mit nur symbolischen Auflagen auch mit den ESM- beziehungsweise EU-Verträgen vereinbar ist, wurde von den Euro-Finanzministern bereits im Vorfeld der heutigen Sitzung geklärt. Der juristische Dienst des Rates der Mitgliedstaaten schrieb in einer neunseitigen Stellungnahme, die der Börsen-Zeitung vorliegt, “unter den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und den einschlägigen Umständen” erscheine eine solche, lediglich auf die Pandemie bezogene Konditionalität auch mit Blick auf die “No Bail-out”-Klausel als angemessen. Sie sei auch mit der Auslegung des Gerichts der Europäischen Union in einem anderen Fall vereinbar, hieß es.Die Bundesregierung blieb unterdessen bei ihrer Ablehnung von Corona-Bonds, die heute in der Eurogruppe ebenfalls noch einmal Thema werden. Dies bekräftigte auch Scholz gestern noch einmal. Unterstützung erhielt er dabei unter anderem vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und vom Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW. Der BDI verwies auf die “hohen finanziellen Reserven”, die es auf europäischer Ebene noch gebe. Es sei sinnvoll, dass die europäischen Institutionen auch heute bereits Anleihen begäben, die über eine erstklassige Bonität verfügten.ZEW-Experte Friedrich Heinemann erklärte, Corona-Bonds brächten gegenüber Pandemie-Krediten des ESM “keinen überzeugenden Mehrwert”. ESM-Kredite beinhalteten auch noch keine Grundsatzentscheidung, wie auf Dauer mit einem überschuldeten Euro-Land umzugehen sei. Druck aus SüdeuropaDas Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) verwies dagegen darauf, dass die europäischen Staaten seit den 1970er Jahren wiederholt Gemeinschaftsanleihen auf dem privaten Kapitalmarkt ausgegeben hätten. Diese hätten sich in vergangenen Krisen bewährt.Derzeit lehnen Deutschland, die Niederlande, Österreich und Finnland Corona-Bonds ab, die vor allem in Südeuropa gefordert werden. Die EU-Kommissare Paolo Gentiloni (Italien) und Thierry Breton (Frankreich) schlugen einen steuerfinanzierten Fonds vor, der langfristige Anleihen ausgibt. Dieser solle ausschließlich für den Wiederaufbau nach der Krise genutzt werden.