EUROPA HAT DIE WAHL

Keine Zweifel an Europa

Selbst Spaniens Radikale stellen EU nicht infrage

Keine Zweifel an Europa

Von Thilo Schäfer, MadridEuropa wird in der Kampagne für den 26. Mai in Spanien kaum eine Rolle spielen – denn die Wahlen zum EU-Parlament fallen zusammen mit denen für 12 der 17 Regionalkammern sowie für alle Kommunen des Landes. Nach den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 28. April, aus denen die Sozialisten von Ministerpräsident Pedro Sánchez als Sieger hervorgingen, konzentrieren sich die Parteien nun auf die Schlacht um wichtige Institutionen wie die Rathäuser von Madrid und Barcelona. Ab 2021 NettozahlerIm nationalen Wahlkampf der vergangenen Wochen war Europa tatsächlich gar kein Thema. In den beiden 90-minütigen Fernsehdebatten der Spitzenkandidaten war die Europapolitik völlig abwesend. Dabei gehört Spanien traditionell zu den europafreundlichsten Ländern des Kontinents. Die Spanier wissen um den enormen finanziellen Beitrag durch die Struktur- und Kohäsionsfonds zur Modernisierung des Landes. Ab 2021 wird Spanien dann erstmals Nettozahler der Europäischen Union.Radikal europafeindliche Parteien, die den Austritt fordern, gibt es hierzulande nicht, auch nicht an den Rändern. Die damals gerade gegründete Linkspartei Podemos war bei den EU-Wahlen 2014 mit scharfen Attacken auf die “Austeritätspolitik” im Zuge der Krise mit einem sehr europakritischen Kurs erfolgreich. Sie stellte die Einheitswährung infrage und verlangte eine “Demokratisierung” der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch das ist Vergangenheit – genau wie die Ressentiments in der Gesellschaft gegen die Troika wegen des Rettungsschirms für das heimische Banksystem verpufft sind.Auch die rechtsradikale Vox, die am 28. April erstmals ins Unterhaus einzog, stellt im Gegensatz zu Gesinnungsgenossen anderswo die EU nicht infrage. “Spanien in Europa ja, aber ein starkes Spanien, das hart um seine Interessen kämpft”, lautet die Ansage von Vox-Führer Santiago Abascal, der Brüssel für die gestiegene Einwanderung verantwortlich macht. Unter den katalanischen Nationalisten hat die Begeisterung für Europa eine Delle abbekommen. Der frühere katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont, der sich vor der spanischen Justiz nach Belgien abgesetzt hat, macht aus seiner Verärgerung darüber keinen Hehl, dass Brüssel und die europäischen Hauptstädte sich nicht in den Konflikt der Separatisten in Katalonien einmischen wollen. Puigdemont tritt als Spitzenkandidat seiner Partei für das Europaparlament an. Erleichterung in BrüsselDie übrigen großen Parteien in Spanien stehen für mehr Europa. Sánchez überraschte in den zehn Monaten seiner Minderheitsregierung nach dem Misstrauensvotum gegen den Konservativen Mariano Rajoy mit einer aktiven Europapolitik, die sich deutlich von der seines Amtsvorgängers abhob. In Brüssel und Berlin war man sehr erleichtert über den Wahlsieg der Sozialisten von Sánchez und dessen Außenminister und Spitzenkandidaten für die Europawahl Josep Borrell, der früher selbst Präsident des Europaparlaments gewesen ist.