KfW fordert mehr Investitionen

Förderbank warnt deutschen Mittelstand vor der "Achillesferse Produktivität"

KfW fordert mehr Investitionen

lz Frankfurt – Die Umsatzrendite legt kräftig zu, die Produktivität aber sinkt. Dem deutschen Mittelstand bescheinigt die Förderbank KfW gegenwärtig also goldene Zeiten, für die Zukunft aber sieht es nach Meinung ihres Chefvolkswirts Jörg Zeuner eher trüb aus. Denn um auch in den nächsten Jahrzehnten am Markt erfolgreich bestehen zu können, wenn die Demografie zuschlägt sowie die Investitions- und Finanzierungsbedingungen nicht mehr so rosig sind, müssten die Unternehmen mehr auf Modernisierung, Automatisierung und Digitalisierung setzen.Zeuner spricht von der “Achillesferse Produktivität”, die den Mittelstand verletzlich mache. Die Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität lag 2015 mit – 3,3 % deutlich im Minus. Zugleich haben sich die Produktivitätslücke der Unternehmen zur Gesamtwirtschaft ausgeweitet. “Für dauerhaftes Wachstum brauchen wir eine höhere Produktivität”, moniert er. Zwar sei diese im Mittelstand traditionell geringer als bei Großunternehmen. “Doch die Schere ist in den letzten Jahren etwas weit auseinandergegangen.” Ein Grund liegt auch im Beschäftigungsboom. Der Mittelstand hat stärker als die Konzerne Neueinstellungen getätigt, was die Arbeitsproduktivität senkt. Doch es fehlt es auch darüber hinaus an Investitionen.Die aktuell gute wirtschaftliche Lage scheint den Blick darauf zu verstellen. Die Umsatzrendite steigt nach Angaben der KfW seit 2006 zügig an auf inzwischen 7,3 %. Noch nie gab es zudem so wenige kleine und mittlere Unternehmen mit Verlusten. Inzwischen beschäftigt dieser Sektor mit 29,5 Millionen Menschen so viele Erwerbstätige wie noch nie zuvor in Deutschland. 2016, prophezeien die Ökonomen, werde die 30-Millionen-Schwelle überschritten. “Der Anteil des Mittelstandes an der gesamten Erwerbstätigkeit war mit 69 % noch nie so groß”, so Zeuner. Großunternehmen und der öffentliche Bereich hätten die Zahl der Mitarbeiter dagegen zuletzt um rund 180 000 reduziert. Im vergangenen Jahr steigerten die kleineren und mittleren Firmen ihren Umsatz insgesamt um 3,3 % auf knapp über 4 Bill. Euro. In diesem Jahr rechnet die Förderbank mit weiterem Wachstum. Substanzverlust drohtDie schwache Produktivitätsentwicklung ist nicht allein ein Symptom des Mittelstands. Grundsätzlich ist Deutschland nach Angaben der KfW weit entfernt von seiner früheren Dynamik. Bei den Nettoinvestitionen kann der Mittelstand sogar noch schwarze Zahlen vorweisen. Großunternehmen sind hier tief im negativen Bereich. Ihr Kapitalstock verliert zusehends an Substanz.Doch um die künftigen Herausforderungen bestehen zu können, sind eigentlich noch höhere Investitionen als bisher notwendig. Angesichts der gegenwärtig positiven Finanzierungsbedingungen wäre das nach Darstellung der KfW auch kein Problem. Doch Zeuner gibt sich hier eher pessimistisch. Schon 2015 hätten sich “die Hoffnungen auf ein kräftiges Investitionsplus nicht erfüllt”. Die Gesamtinvestitionen seien um 2 % gesunken. Und auch 2016 werde es “nur einen geringen Schub” geben. Zu verhalten seien die Planungen der Unternehmen.Dass der Funke nicht überspringt, führt die KfW auf mehrere Faktoren zurück: u.a. die Verwöhnung durch die gute wirtschaftliche Lage, politische Unsicherheiten in gleich mehreren Ausprägungen und eine zu hohe Renditeerwartung. Der Umfrage zufolge rechnen die Mittelständler bei neuen Investitionen mit einer Rendite von knapp 13 %. Außerdem soll sich jede dieser Investitionen bereits in vier Jahren amortisiert haben, sonst werden sie nicht getätigt.Zusätzlich dürfte aber auch die Alterung der Unternehmer ein Grund für die Investitionszurückhaltung sein: Je älter die Chefs sind, desto niedriger die Investitionsquote und desto pessimistischer ihre Haltung bezüglich Zukunftsplanungen, zeigt das KfW-Panel. Die Demografie schlägt also auch hier zu.—– Wertberichtigt Seite 8