KfW warnt vor deutscher Innovationsschwäche

Mittelständische Unternehmen halten sich bei F&E-Ausgaben zurück - Steuerförderung nötig

KfW warnt vor deutscher Innovationsschwäche

lz Frankfurt – Eine Studie der KfW-Bankengruppe zur Innovationskraft des heimischen Mittelstands lässt an der langfristigen Stabilität der deutschen Wachstumsbasis zweifeln. Zwar ist der Anteil von Unternehmen, die neue Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse eingeführt haben, in jüngster Zeit leicht gestiegen, der Anteil dieser “Innovatoren” ist aber nach wie vor erschreckend niedrig und droht so die Wettbewerbskraft strukturell zu schwächen.Hatten in den Jahren 2004/2005 noch 43 % mit Innovationen aufgewartet, sind es inzwischen nur noch 29 % der Unternehmen. KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner warnt daher vor den langfristigen Folgen der damit einhergehenden Produktivitäts-verluste, welche den Wohlstand Deutschlands gefährdeten.Um gegenzusteuern, ist seines Erachtens etwa über die Wiederaufnahme der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E) nachzudenken. Zeuner: “Es spricht einiges dafür, das Instrument der Steuerförderung in diesem Fall auszuprobieren.” Schließlich würden damit gerade auch kleine Unternehmen erreicht. Dieses Instrument entfalte zudem trotz aller Mitnahmeeffekte die erwartete Wirkung, wie in vielen Ländern, die es längst anwendeten, zu beobachten sei.Die Innovationsstudie der KfW mit einer Datenbasis von bis zu 15 000 Unternehmen stellt die einzige repräsentative Erhebung im deutschen Mittelstand dar und lässt auch Hochrechnungen für Kleinstunternehmen mit weniger als fünf Beschäftigten zu. Da die deutsche Wirtschaft ihren Erfolg vornehmlich ihrer mittelständischen Struktur verdankt, sind die Umfrageergebnisse ein Frühwarnsignal für aufkommende Probleme gerade im Kernsegment der heimischen Ökonomie. Das Risiko nimmt zuDie im Trend seit Jahren rückläufige Innovationstätigkeit im Mittelstand spiegelt sich auch in insgesamt sinkenden Umsatzanteilen mit neuen Produkten wider. 2004 hatten noch rund 43 % der kleinen und mittleren Unternehmen mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit neuen Produkten oder Dienstleistungen erwirtschaftet. Aktuell ist dieser Wert auf 31 % geschrumpft. “Es gilt, einen weiteren Rückzug der Mittelständler aus der Innovationstätigkeit zu verhindern”, mahnt Zeuner. Das Risiko wachse, dass der deutsche Mittelstand mit einer alternden Produktpalette international an Boden verliere. Die Wirtschaftspolitik müsse gegensteuern, zumal die Digitalisierung, Stichwort Industrie 4.0, nach noch mehr Innovation verlange.Einen Grund für die Innovationszurückhaltung sieht Zeuner in der Alterung der Belegschaft und der Unternehmer selbst sowie in den schlechten Aussichten für den Betriebsübergang. Die Verunsicherung durch die Krisen in Europa trage ebenfalls dazu bei. Und schließlich treibe die zu starke Fokussierung auf den reinen Kosten- und Preiswettbewerb die Unternehmen in einen Teufelskreis, der Innovationen eher verhindere als befördere.Die Politik muss seines Erachtens zum einen mehr auf Bildung und Nachqualifizierung sowie eine gesteuerte Einwanderungspolitik setzen, zum anderen Innovation steuerlich direkt fördern. Zwar müsse man mit diesem Instrument vorsichtig sein wegen möglicher Mitnahmeeffekte. Angesichts der zentralen Bedeutung von Innovation für die alternde deutsche Gesellschaft sei eine Steuerförderung aber durchaus gerechtfertigt, zumal sie im Gegensatz zur Projektförderung direkt auf die kleinen und mittleren Unternehmen durchschlage, leicht umsetzbar sei und unmittelbar wirken könne. Globale StandortkonkurrenzDie KfW nimmt in dieser Frage eine ähnliche Position ein wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Die Mannheimer Ökonomen kamen nach einer Abwägung aller Argumente und einer Analyse des internationalen Umfelds zu dem Schluss, dass eine steuerliche Begünstigung von F&E in Deutschland dazu beitragen kann, zum einen die Investitionen in den heimischen Standort wieder zu steigern und Jobs zu schaffen, zum anderen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken, was angesichts der globalen Konkurrenzlage und der demografischen Entwicklung entscheidend ist, um das Wohlstandsniveau zu sichern (vgl. BZ vom 20. Februar).—– Wertberichtigt Seite 8