KI-Standort Deutschland verliert den Anschluss
KI-Standort Deutschland fällt zurück
ZEW-Expertin sorgt sich um „digitale Souveränität“ – Zu rigider Datenschutz
lz Frankfurt
Der Wirtschaftsstandort läuft Gefahr, beim Wachstumsthema künstliche Intelligenz ins Hintertreffen zu geraten. Um einseitige Abhängigkeiten von US-Tech-Konzernen zu vermeiden, müsste Deutschland KI-Kompetenzen auf Augenhöhe mit den USA und China vorweisen können, fordert ZEW-Expertin Irene Bertschek im Interview der Börsen-Zeitung. Hierzu sei aber mehr Anstrengung, etwa beim Aufbau einer eigenen KI-Infrastruktur, vonnöten. Ansonsten drohe der Verlust der „digitalen Souveränität“, warnt sie und verweist auf die alle Branchen durchdringenden KI-Anwendungen.
Zu wenig Geld für Start-ups und ein zu rigide ausgelegter Datenschutz bremsten Forschung und Anwendung von künstlicher Intelligenz. Bertschek: „Es ist die – oftmals nach Bundesländern sogar fragmentierte – Auslegung des Datenschutzes, die deren Nutzung beschränkt.“ Würden in Deutschland aber außereuropäisch entwickelte KI-Modelle zum Einsatz kommen, stünden die dahinterstehenden Algorithmen oftmals nicht im Einklang mit europäischen Werten.
Auch Forscher des Centrums für Europäische Politik (CEP) warnen vor der US-Dominanz. Nach ihrer Ansicht hat Brüssel bereits zu viel Zeit bei der Kartellaufsicht verstreichen lassen. Für andere Anbieter sei es nun schwer, gegen die US-Konzerne noch anzukommen. Amazon und Microsoft besäßen eine dominante Stellung bei Cloud-Dienstleistungen. Zudem hätten diese Konzerne einen privilegierten Zugang zu den führenden Modellen von OpenAI, Mistral oder Cohere. Europäische Start-ups müssten daher „mit Giganten konkurrieren, die entlang der Wertschöpfungskette bereits vertikal integriert sind“.
Dabei sind die Probleme des Standorts in Bezug auf die KI nur ein Symptom von vielen. Nach einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG halten ausländische Investoren Deutschland nicht mehr für eine attraktive Destination für Investitionen. Sie kritisieren die überbordende Bürokratie, hohe Energiekosten, mangelhafte Digitalisierung und fehlende Technologieoffenheit.
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Blickfeld Seite 3 Bericht Seite 8