Energiepolitik

Koalition beschließt Entlastungen bei Strom- und Gaspreisen

Die Koalition hat eine Verlängerung der Energiepreisbremsen sowie eine Dämpfung der Stromnetzentgelte auf den Weg gebracht. Neuer Ärger in der Energiepolitik droht der Ampel aber durch die FDP: Parteichef Christian Lindner stellte das Kohleausstiegsziel 2030 in Frage.

Koalition beschließt Entlastungen bei Strom- und Gaspreisen

Koalition beschließt Entlastungen bei Energiepreisen

Preisbremsen verlängert und Milliardenzuschuss zu Netzentgelten – Lindner stellt Kohleausstieg 2030 in Frage

ahe Berlin

Die Bundesregierung hat zwei Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss am Mittwoch zum einen, die Strom- und Gaspreisbremsen, die eigentlich nur bis zum Jahresende laufen sollten, noch bis Ende April 2024 zu verlängern. Zum anderen wurden gesetzliche Grundlagen geschaffen, um den Anstieg der Netzentgelte im kommenden Jahr wie geplant zu dämpfen.

So sollen 2024 Zuschüsse zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten von bis zu 5,5 Mrd. Euro aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfond (WSF) gewährt werden. Dies dämpfe den Strompreis und komme allen Verbrauchern zugute, sagte ein Regierungssprecher nach der Kabinettssitzung. Bereits für 2023 hatte der Staat rund 13 Mrd. Euro für eine Stabilisierung der Netzgebühren aufgewandt. Die gesamten Netzentgelte machen ungefähr ein Fünftel des Strompreises für die Kunden aus.

Voraussetzung für eine Verlängerung der Strom- und Gaspreisbremse ist allerdings die Zustimmung der EU-Kommission, die es bislang noch nicht gegeben hat. Auch der Bundestag muss der Entscheidung noch zustimmen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sowie der Verband kommunaler Unternehmen hatten zu Wochenbeginn bereits gewarnt, dass durch diese noch ausstehenden Genehmigungen eine fristgerechte und flächendeckende Umsetzung der verlängerten Preisbremsen durch Stadtwerke und Energieversorger zum 1. Januar 2024 akut gefährdet sei.

In der Energiepolitik droht der Ampel-Koalition zudem ein neuer Streit: In einem Interview stellte Bundesfinanzminister Christian Lindner nun den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zeitpunkt für den Kohleausstieg in Frage. „Solange nicht klar ist, dass Energie verfügbar und bezahlbar ist, sollten wir die Träume von einem Ausstieg aus dem Kohlestrom 2030 beenden“, sagte Lindner dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Für das Klima bringe dieses Datum ohnehin nichts, da die in Deutschland eingesparten CO2-Emissionen aufgrund der europäischen Regeln in anderen EU-Staaten zusätzlich anfallen dürfen, argumentierte der FDP-Chef.

DIW bei Atomstrom skeptisch

SPD, Grüne und FDP hatten in ihrem Koalitionsvertrag 2021 vereinbart, den Kohleausstieg „idealerweise“ von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Für Westdeutschland gibt es hierzu schon Vereinbarungen. Für den Osten stehen solche noch aus.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hält 2030 als Ausstiegsjahr für unverzichtbar, um die Klimaziele zu erreichen. Der Vorsitzende Olaf Brandt erklärte, die in Deutschland freiwerdenden CO2-Zertifikate müssten gelöscht werden, damit die Emissionen nicht an anderer Stelle in Europa anfielen. Auch ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums verwies darauf, dass Zertifikate vom Markt genommen würden.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) befasste sich unterdessen in einer Studie mit den Potenzialen der Atomenergie. Den deutlichen Anstieg der globalen Erzeugungskapazitäten, den die Klimaszenarien vom Weltklimarat (IPCC) zeigen, kann das DIW nicht bestätigen: „Diese Verdopplung beziehungsweise Vervierfachung der Atomstromproduktion widerspricht den technischen und ökonomischen Realitäten“, so Forschungsdirektor Christian von Hirschhausen. Andere Technologien seien ohnehin „rentabler und risikoärmer“.

Wertberichtigt Seite 2
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