Lars Feld

Koalitionsstreit über Chef der Weisen

Die Union ist erbost über den Widerstand der SPD gegen eine Verlängerung der Amtszeit des Wirtschaftsweisen Lars Feld. Aus der Führungsspitze kommen scharfe Angriffe gegen den Koalitionspartner.

Koalitionsstreit über Chef der Weisen

wf Berlin

Im Streit über die Besetzung des Sachverständigenrats für Wirtschaft gehen Unionspolitiker auf den Koalitionspartner SPD los. „Lars Feld ist einer der renommiertesten Wirtschaftswissenschaftler der So­zialen Marktwirtschaft“, twitterte der CDU-Vorsitzende Armin Laschet. „Der SPD-Finanzminister verhindert mit Arroganz und Ignoranz mitten in der Pandemie, dass er im Sachverständigenrat weiterarbeiten kann. Gerade in der Krise wäre Sachverstand wichtige denn je.“ Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), dem qua Amt das Vorschlagsrecht obliegt, unterstützte Laschet.

Der Ökonom Feld ist Professor für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökonomik an der Universität Freiburg und Direktor des renommierten Walter-Eucken-Instituts, das den Namen eines der Väter der Sozialen Marktwirtschaft trägt. Felds Forschungsschwerpunkte sind Wirtschaftspolitik, Finanzwissenschaft, Neue Politische Ökonomie und ökonomische Analyse des Rechts. Seit März 2020 ist Feld Vorsitzender des Gremiums, dessen Mitglieder die (Wirtschafts-)Weisen genannt werden. Den Vorsitz wählen die Mitgliede aus ihrem Kreis für drei Jahre. Feld ist seit 2011 im Sachverständgernrat. Seine – nunmehr zweite – Amtszeit läuft Ende Februar aus. Der unabhängige Sachverständigenrat berät seit 1963 die Bundesregierung.

Vorschlagsrecht bei Union

Die Amtszeit der Mitglieder beträgt fünf Jahre. Wiederberufungen sind zulässig. Ernannt werden die Mitglieder des Sachverständigenrates vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung. Altmaier hatte Feld für eine weitere Amtszeit vorgeschlagen, doch zieht der Koalitionspartner nicht mit. Für die Verlängerung der Amtszeit oder für eine neue Berufung sind die Koalitionspartner darauf angewiesen, sich zu einigen. Das von Olaf Scholz geführte Finanzministerium favorisiert Ökonomen, die der SPD näher stehen. Genannt wurden der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW Berlin, Marcel Fratzscher, und Jens Südekum, Professor für internationale Volkswirtschaftslehre in Düsseldorf.

2019 hatte die SPD sogar Mitglieder des Sachverständigenrats gegen sich aufgebracht. Als sie mit dem Vorschlagsrecht an der Reihe war, nominierte sie Achim Truger. Feld und Isabel Schnabel, die inzwischen im EZB-Direktorium sitzt, zogen damals öffentlich die wissenschaftliche Flughöhe von Truger in Zweifel, der bis 2019 als Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) Berlin lehrte, heute an der Universität Duisburg-Essen. Truger ist seit 2019 Wirtschaftsweiser. Die Union hatte dies mitgetragen. Feld hatte bei der Verankerung der Schuldenbremse im Grundgesetz das Bundesfinanzministerium beraten. Der Beschluss fiel Anfang 2009, noch zum Ende der Amtszeit von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD).

In der Fraktionssitzung der CDU/CSU legte Laschet nach und bezeichnete Scholz als „Apparatschik der SPD“, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters aus Teilnehmerkreisen. Fraktionschef Ralph Brinkhaus sagte: „Die Ablehnung von Lars Feld ist ein finanzpolitisches Bekenntnis von Olaf Scholz, nämlich ein finanzpolitisches Bekenntnis gegen solide Staatsfinanzen.“ Es sei von enormer finanzpolitischer Bedeutung. Brinkhaus bedauerte die „Politisierung“ der Besetzung dieses Gremiums. „Wir müssen sehen, ob wir in dieser Legislaturperiode noch eine Einigung hinbekommen“, sagte der CDU-Politiker. Scholz erklärte laut dpa-afx, Bundesregierung und Sachverständigenrat seien in der Vergangenheit vom Prinzip ausgegangen, dass nach ungefähr zehn Jahren ein Amtswechsel stattfinden solle. Über die Nachfolge habe die Bundesregierung sich noch nicht verständigt. Das Kabinett hätte am heutigen Mittwoch beschließen müssen, um einen nahtlosen Anschluss zu sichern.