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"König der Pleiten" soll US-Handelspolitik neu gestalten

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 25.11.2016 Donald Trump wird laut US-Medienberichten den auf Distressed Debt spezialisierten Investor Wilbur Ross zum Handelsminister berufen. Der Milliardär, der sich mit seiner im Jahr 2000...

"König der Pleiten" soll US-Handelspolitik neu gestalten

Von Stefan Paravicini, New YorkDonald Trump wird laut US-Medienberichten den auf Distressed Debt spezialisierten Investor Wilbur Ross zum Handelsminister berufen. Der Milliardär, der sich mit seiner im Jahr 2000 gegründeten Investmentfirma W.L. Ross & Co., die seit 2006 mehrheitlich zu Invesco gehört, den Ehrentitel als “König der Pleiten” erworben hat, war bereits am Wochenende als Kandidat für den Posten gehandelt worden, nachdem er Trump in dessen Golfresort in Bedminster, New Jersey, getroffen hatte.An der Spitze der fast 50 000 Mitarbeiter zählenden Behörde, die sich selbst als “Stimme der Wirtschaft” im Kabinett versteht, würde dem 78-Jährigen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der künftigen US-Handelspolitik zukommen, die Trump ordentlich umkrempeln will. Ross hatte in den vergangenen Monaten zusammen mit dem Ökonomen Peter Navarro für Trumps Wahlkampfteam über Vorschlägen für die Überarbeitung von Handelsabkommen wie dem North American Free Trade Agreement (Nafta) gebrütet. “Ich bin ein Fan des Welthandels”, sagte Ross vor wenigen Monaten in einem Interview. “Aber über die Jahre habe ich gelernt, dass viele der von uns vereinbarten Handelsabkommen ganz einfach schlechte Deals waren.” In das gleiche Horn hatte Trump im gesamten Verlauf seiner Wahlkampagne gestoßen.Ross hat mit Unternehmen, die unter dem Druck der Globalisierung in Schwierigkeiten geraten sind, durchaus positive Erfahrungen gemacht. Seinen Ehrentitel begründete er noch in der vergangenen Dekade mit dem Erwerb von mehreren kriselnden US-Stahlunternehmen wie Bethlehem, Acme, Weirton und LTV, die er 2002 zur International Steel Group, dem damals zweitgrößten Stahlkonzern des Landes, verschmolz. Zwei Jahre später verkaufte er das Unternehmen für 4,5 Mrd. Dollar an das Stahlimperium von Lakshmi Mittal und verbuchte mit seinen Partnern einen Gewinn von 2,9 Mrd. Dollar, das Achtfache des eigenen Mitteleinsatzes.Im sogenannten “Rust Belt”, in dem der Niedergang der US-Stahlindustrie allgegenwärtig ist und der Donald Trump im Kampf um das Weiße Haus Anfang November die entscheidenden Stimmen brachte, gilt Ross vielen als der Retter von Tausenden Jobs, während ihn andere als Krisengewinnler und GeierInvestor verachten. Ähnlich erfolgreich investierte Ross später in angeschlagene Automobilzulieferer, von der Wirtschaftskrise erschütterte Finanzinstitute und in angezählte Assets aus der Öl- und Gasindustrie.In den neunziger Jahren, als Ross noch die Distressed-Debt-Abteilung für die Investmentbank Rothschild führte, vertrat er auch Anleihegläubiger von Donald Trump, die mit der Entwicklung seines Megacasinos “Taj Mahal” unzufrieden waren. Der Immobilienunternehmer hatte damals für die Fertigstellung des fast 1 Mrd. Dollar teuren Komplexes Junkbonds begeben, weil er von den Banken keine Finanzierungszusagen erhalten hatte.Er habe Trump in einem für ihn sehr schlechten Moment kennengelernt und sei damals auch sehr aggressiv gegen ihn vorgegangen, erinnerte sich Ross später in einem Interview. Dennoch habe Trump in dieser Zeit seinen Respekt gewonnen. Ross war es demnach auch, der die Gläubiger dazu überredete, Trump nicht gegen die Wand fahren zu lassen, weil die Assets ohne den Impresario an der Spitze für die Investoren an Wert verloren hätten. Faible für René MagritteDas Vermögen von Ross wird von “Forbes” auf 2,9 Mrd. Dollar geschätzt. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Bei der Brookings Institution, einem Think-Tank in Washington, sitzt er im Board of Trustees. Seinen Posten als Chairman von W.L. Ross will er im Falle der Berufung in ein Regierungsamt aufgeben, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Ross hat Werke von René Magritte im Wert von 100 Mill. Dollar gesammelt und ein Faible für Kunst aus China und Vietnam, zwei wichtige US-Handelspartner.