Konjunkturängste steigen rapide
Die zahlreichen politischen Risiken haben im August bei Finanzmarktexperten den Konjunkturpessimismus rapide steigen lassen – das entsprechende ZEW-Barometer liegt nun auf dem tiefsten Stand seit Ende 2011. Die Sorgen zeigen sich auch im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung.ba Frankfurt – Der eskalierende US-chinesische Handelskonflikt und die gestiegene Sorge vor einem Währungskrieg haben die Konjunkturzuversicht von Analysten und institutionellen Anlegern im August auf Talfahrt geschickt – sowohl im Euroraum als auch in dessen größter Volkswirtschaft. Auch der zuletzt sehr schwach ausgefallene Kranz harter Daten und der unter den Erwartungen gebliebene globale Effekt der chinesischen Stimulierungsmaßnahmen haben dazu beigetragen. Die Sorgen um die weitere konjunkturelle Entwicklung zeigen sich auch in den weiter zurückgenommenen Wachstumsprognosen im aktuellen Konjunkturtableau der Börsen-Zeitung. Auf Krisen-NiveauDie ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland sind im August um 19,6 auf – 44,1 Punkte eingebrochen und liegen damit auf dem tiefsten Stand seit Dezember 2011, zu Zeiten der Euro-Schuldenkrise, als das Barometer auf – 53,8 Zähler stand. Ökonomen hatten zwar den vierten Rückgang in Folge erwartet, allerdings im Mittel nur mit einem Wert von – 26,0 Zählern gerechnet. Zugleich wurde auch die aktuelle Lage erheblich schlechter als im Vormonat eingeschätzt – der Indikator ist um 12,4 auf – 13,5 Punkte gefallen. Erst im Mai 2010 findet sich mit – 21,6 Zählern ein niedrigerer Wert. “Die erneute Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China, das damit verbundene Risiko eines globalen Abwertungswettlaufs sowie die gestiegene Wahrscheinlichkeit für einen No-Deal-Brexit treffen auf ein ohnehin abgeschwächtes Wirtschaftswachstum”, kommentiert ZEW-Präsident Achim Wambach das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 193 Analysten und institutionellen Anlegern. “Die Entwicklung der deutschen Exporte und der Industrieproduktion dürfte sich weiter verschlechtern”, erwartet Wambach. Einer Ifo-Studie zufolge allerdings könnten die EU-Staaten – und auch Deutschland – bei zusätzlichen US-Zöllen auf China-Importe mehr in die USA exportieren. Die positiven Effekte würden durch chinesische Gegenzölle sogar noch größer.Auch wenn der Rückgang des ZEW-Barometers nicht überbewertet werden sollte, da es sich um eine Umfrage unter Finanzanalysten handelt “und die Verbindung zur Konjunkturentwicklung nicht unmittelbar ist”, wie BayernLB-Ökonom Stefan Kipar anmerkt – es passt in das aktuelle Bild einer sich kräftig eintrübenden Wirtschaftsentwicklung. LBBW-Chefökonom Uwe Burkert sieht in den ZEW-Daten ein “Rezessionswarnsignal”. Es wird erwartet, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 0,1 bis 0,2 % gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist – eine erste Schnellmeldung will das Statistische Bundesamt am heutigen Mittwoch veröffentlichen. Zum Jahresauftakt hatte das BIP noch um 0,4 % zugelegt. Zudem verdichten sich die Zeichen, dass die bislang für das zweite Halbjahr erwartete Besserung nicht oder zumindest nicht so kräftig wie erhofft eintritt. Die Wahrscheinlichkeit einer technischen Rezession, also zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit negativen Wachstumsraten, ist gestiegen.Die Skepsis zeigt sich auch im Konjunkturtableau, für das das ZEW jeden Monat die veröffentlichten Prognosen von Banken, Institutionen sowie staatlichen Einrichtungen sammelt und daraus den Medianwert bestimmt. So ist die BIP-Prognose für 2019 zwar unverändert bei 0,7 %, für 2020 liegt sie im Vergleich zum zuletzt erschienen Tableau allerdings 0,1 Punkte niedriger bei 1,2 %. Auch für den Euroraum wurde die Prognose weiter nach unten revidiert. Vor einem Jahr noch erwarteten die Auguren für 2019 ein BIP-Plus von 1,8 %, so waren es im vergangenen Monat 1,2 % und nun nurmehr 1,1 % (siehe Tabelle). Für das nächste Jahr ist die Schätzung leicht von 1,3 auf 1,25 % zurückgegangen. Laut dem ZEW-Experten Michael Schröder wurden bei den Teilkomponenten des BIP vor allem die Prognosen für die Exporte sowie die Anlageinvestitionen nach unten gesetzt. Dass sich der längerfristige Konjunkturausblick gleichfalls verschlechtert hat, lässt sich gut anhand der Steigung der Zinsstrukturkurve zeigen, die für die USA schon seit mehreren Monaten negativ ist, wie Schröder anmerkt (siehe auch Bericht Seite 13). Die aus dem aktuellen Wert von – 45 Basispunkten ableitbare BIP-Prognose für die USA sieht laut Schröder “für das Jahr 2020 relativ ungünstig aus”. Und auch für das Eurogebiet ist die Steigung der Zinsstrukturkurve mit einem Wert von aktuell – 17 Basispunkten inzwischen negativ. Die ZEW-Konjunkturerwartungen fürs Euroland zeigen ebenfalls ein trübes Bild: Sie sind um 23,3 auf – 43,6 Punkte gefallen. Der Lage-Indikator ist um 3,9 auf -14,5 Zähler gesunken.