Konjunkturerwartungen geben überraschend nach
ba Frankfurt – Der sich zuspitzende Handelskonflikt zwischen den USA und China hat der Konjunkturzuversicht von Finanzmarktexperten im Mai einen Dämpfer verpasst. Die Wachstumsaussichten sowohl für den Euroraum als Ganzes als auch für dessen größte Volkswirtschaft bleiben verhalten, wie die monatliche Umfrage des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter 186 Analysten und Anlegern ergab. Lage wird besser eingeschätztDas ZEW-Konjunkturbarometer für Deutschland ist im Mai von seinem im Herbst 2018 eingeschlagenen Erholungskurs abgekommen. Der Indikator ist um 5,2 auf -2,1 Punkte gerutscht. Ökonomen hatten nach sechs Anstiegen in Folge erwartet, dass das Barometer nicht nur die erst im April überschrittene Nulllinie verteidigt, sondern auf 5,0 Zähler weiter zulegt. Der langfristige Durchschnitt der ZEW-Konjunkturerwartungen von 22,1 Punkten bleibt damit in weiterer Ferne (siehe Grafik).Die aktuelle Lage hingegen ist nach sieben Rückgängen in Folge erstmals wieder besser eingeschätzt worden als im Monat zuvor: Die entsprechende Komponente kletterte um 2,7 auf 8,2 Punkte. Ökonomen hatten hier nur einen Zuwachs auf 6,0 Zähler prognostiziert.”Die jüngste Eskalation des Handelskonflikts zwischen den Vereinigten Staaten und China erhöht erneut die Unsicherheit hinsichtlich der deutschen Exporte und damit eines zentralen Faktors für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts”, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach die Umfragedaten, die vom 6. bis 13. Mai erhoben wurden und daher die jüngsten Entwicklungen berücksichtigen.Erst am Freitag hatten die USA die Zölle auf Importwaren aus dem Reich der Mitte im Wert von 200 Mrd. Dollar erhöht, am Montag konterte Peking – von Juni an soll es zusätzliche Zölle auf US-Importwaren von 60 Mrd. Dollar geben. Die USA und China sind für Deutschland der wichtigste bzw. der drittwichtigste Handelspartner Deutschlands. “Die jüngsten Zollkonflikte verderben die ohnehin schlechte Stimmung im Unternehmenssektor”, resümierte auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Es zeige sich einmal mehr, dass vor allem Deutschland der Leidtragende der Handelsstreitigkeiten ist. Er erwartet, dass auch weitere Konjunkturfrühindikatoren nachgeben. “Um die deutsche Konjunktur ist es im laufenden Jahr nicht gut bestellt”, mahnte Gitzel. Deutsche BIP-Zahlen kommenSowohl die Bundesregierung als auch die EU-Kommission prognostizieren für 2019 einen Anstieg des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,5 %. 2018 war die hiesige Wirtschaft noch um 1,4 % gewachsen. Am heutigen Mittwoch legt das Statistische Bundesamt (Destatis) seine Schnellmeldung für die Wirtschaftsentwicklung im ersten Quartal vor – Ökonomen erwarten ein Plus von 0,4 % zum Vorquartal, nachdem die jüngste Schnellschätzung des europäischen Statistikamts Eurostat für die gesamte Eurozone mit +0,4 % besser als erwartet ausgefallen war (vgl. BZ vom 1. Mai).In der ebenfalls heute anstehenden Zweitmeldung von Eurostat sollte nach Ansicht von Ökonomen die Schnellschätzung bestätigt werden. Die bereits veröffentlichten Länderdaten lassen ein breit fundiertes Wachstum erwarten. Insbesondere Spanien sticht als Zugpferd heraus, das Sorgenkind Italien sollte die technische Rezession des zweiten Halbjahres 2018 überwunden haben.Als Konjunkturstütze fungiert derzeit – sowohl im Euroraum als auch in Deutschland – die Inlandsnachfrage, da die Industrie schwächelt. So ist die Industrieproduktion im Euroraum auch im März zurückgegangen. Laut Eurostat sank sie saisonbereinigt wie erwartet um 0,3 % im Vormonatsvergleich. Im Februar war sie um revidiert 0,1 (zuvor: 0,2) % zurückgegangen. Im Jahresvergleich fiel der Rückgang mit 0,6 % nicht so kräftig aus wie mit 0,8 % vorhergesagt. Die überraschend starke Ausweitung der Gesamtproduktion im Januar von 1,9 % allerdings hat zu einem Quartalswachstum von 0,8 % geführt, wie Bert Colijn, Ökonom bei ING Deutschland, betont. Dies habe dazu beigetragen, dass das Euro-BIP positiv überrascht hatte. Für die Frühjahrsmonate erwartet er wegen der schwachen Auftragseingänge bestenfalls bescheidene Produktionsdaten.Bescheiden ist auch der Konjunkturausblick für die Euro-Wirtschaft gemessen an den aktuellen Mannheimer Umfragedaten. So ist der entsprechende ZEW-Erwartungsindikator im Mai um 6,1 auf -1,6 Punkte gefallen. Die Lagekomponente ist dagegen um 6,2 auf -7,0 Zähler gestiegen.