Konjunkturoptimismus hält an

Ifo-Geschäftsklima trübt sich im August nur minimal ein - Volkswirte erhöhen Wachstumsprognosen

Konjunkturoptimismus hält an

Nach guten Konjunkturdaten vom Freitag hat eine Reihe von Volkswirten ihre Prognosen für das deutsche Wirtschaftswachstum nach oben geschraubt. So rechnen die meisten von ihnen nun für 2017 mit einem Wachstum von 2,0 %. Auch die Details zum deutschen Wachstum im zweiten Quartal zeigen, dass der Aufschwung auf einer breiten Basis steht.jw Frankfurt – Die Stimmungseuphorie in der deutschen Wirtschaft geht weiter. Dabei gab es im August mit der Euro-Aufwertung, der Diesel-Krise und dem politischen Durcheinander in den USA genügend Gründe, welche die Stimmung in den deutschen Chefetagen hätten drücken können. Stattdessen blieb der Dämpfer im Geschäftsklimaindex des Münchener Ifo-Instituts im August aus. Das Konjunkturbarometer gab gegenüber dem Allzeithoch vom Juli (116,0) lediglich um 0,1 Punkte nach. Die Erwartungen hellten sich sogar nochmals von 107,3 auf 107,9 Zähler auf, während die Einschätzung der Lage mit 124,6 nach 125,5 Punkten nur geringfügig schlechter ausfiel als im Juli. Im verarbeitenden Gewerbe und Baugewerbe blieb der Index weiter auf Rekordjagd. Im Großhandel hat sich das Geschäftsklima aufgrund der wenig guten Einschätzung zur aktuellen Lage leicht verschlechtert. Im Einzelhandel sank der Index hingegen deutlich, hier trug insbesondere der Kfz-Einzelhandel zu den rückläufigen Entwicklungen bei. Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe zufolge hat die Diesel-Affäre zwar in der Industrie bisher keine Spuren hinterlassen, die Kfz-Händler leiden jedoch deutlich darunter. Zuvor hatten die Sorgen der Autobranche bereits den ZEW-Konjunkturindex belastet und ihn leicht eingetrübt.”Die deutsche Wirtschaft befindet sich weiterhin auf Wachstumskurs”, kommentiert Ifo-Präsident Clemens Fuest das Ergebnis der monatlichen Umfrage unter rund 7 000 Managern. Auch Wohlrabe erkennt keine Gefahr einer Überhitzung: “Die deutsche Wirtschaft ist noch nicht am Limit. Da ist noch Luft nach oben.” Das nach Ansicht von Ökonomen wichtigste Barometer für die deutsche Konjunktur hatte zuletzt drei mal in Folge einen Rekordwert erzielt und befindet sich nun auf dem zweithöchsten Stand seit der Wiedervereinigung. Die jüngste Eintrübung sei “kein Beinbruch”, sagen viele Experten wie Thomas Gitzel von der VP Bank. Letztlich handele es sich um statistisches Rauschen. “In Anbetracht rekordhoher Notierungen war es einmal an der Zeit für einen zumindest kleinen Rückgang.” Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer denkt allerdings nicht, dass das ungewöhnlich hohe Ifo-Niveau für ein noch höheres Wirtschaftswachstum spricht. Vielmehr spiegele sich darin wider, dass der Aufschwung derzeit vor allem vom Konsum getragen werde – einer Nachfragekomponente, die viel stabiler sei als etwa der Export, der früher häufig den Aufschwung bestimmte. “Die Unternehmen sehen mit Blick auf die Konjunktur deshalb zu Recht weniger Risiken”, so Krämer. Breiter AufschwungDie am Freitag vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Detailzahlen zum deutschen Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal verdeutlichten die Breite des deutschen Aufschwungs. Sämtliche Komponenten der Binnennachfrage – privater und staatlicher Konsum, Bau und Ausrüstungsinvestitionen – trugen zum Wachstum bei. Der private Konsum legte saisonbereinigt um 0,8 % zum Vorquartal zu, bei den Ausrüstungsinvestitionen belief sich das Plus auf 1,2 %. “Schon jetzt deutet sich an, dass die Investitionen immer mehr zu einer tragenden Säule des Wachstums werden, die den Konsum ergänzen”, meint Gitzel. “Immer mehr deutsche Unternehmen lassen sich vom aktuellen Konjunkturaufschwung überzeugen und nehmen Geld für Investitionen in die Hand. Das niedrige Zinsniveau tut sein Übriges dazu.” Jörg Zeuner von der KfW wünscht sich jedoch, dass die zunehmende Auslastung der Produktionskapazitäten die Investitionen der Firmen noch ein bisschen mehr beflügelt. Dämpfer beim AußenhandelVom Außenhandel kam mit – 0,3 Prozentpunkten hingegen ein negativer Wachstumsbeitrag, da sich die Importe im August stärker ausweiteten als die Exporte. Das saisonbereinigte Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im zweiten Quartal zur Vorperiode hatten die Wiesbadener Statistiker in ihrer Erstschätzung mit 0,6 % beziffert. Die Plusrate vom ersten Quartal wurde von 0,6 % auf 0,7 % nach oben revidiert. Im Vorjahresvergleich und nach Kalenderbereinigung gab es im zweiten Quartal ein BIP-Wachstum von 2,1 %. Höhere Robustheit attestiert”Die deutsche Wirtschaft hat ein hervorragendes erstes Halbjahr abgeliefert”, resümiert Stefan Kipar von der Bayern LB. Die starke Binnenkonjunktur mache den Aufschwung unempfindlicher für eventuelle internationale Störfeuer, eine Exportschwäche sei nicht zu diagnostizieren. Die Experten sind sich einig, dass der starke Euro-Wechselkurs bis jetzt weitgehend durch die anhaltende Erholung des Welthandels, von der die deutschen Exporteure profitieren, kompensiert wurde. “Der Aufschwung steht, dank der Belebung in Europa und dem Rest der Welt, inzwischen auf einem sehr breiten Fundament”, meint auch Zeuner. Die KfW hob daher ihre Konjunkturprognose für Deutschland um 0,4 Prozentpunkte auf je 2,0 % Realwachstum in den Jahren 2017 und 2018 an. Auch die Allianz und die LBBW erhöhten ihre Prognosen und rechnen für 2017 mit 2,0 % Wachstum.